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Der Antiimperialistische Sektierertanz um die Hamas

TL;DR: Die sektiererische Linke hat sich von marxistischen Klassenkampfidealen entfernt und verbündet sich zunehmend mit reaktionären Bewegungen wie der Hamas, die religiös und nationalistisch geprägt ist. Dabei werden sozialistische Werte wie jene der Kibbuzim ignoriert, während antiwestlicher Reflex und „Antiimperialismus der Dummen“ die Analyse ersetzen. Statt Klassenkampf dominieren Identitätspolitik und postmoderne Diskurse, die Religion und Opferstatus über materialistische Kritik stellen. Das Resultat ist ein ideologisches Vakuum, das moralische Leere und politische Irrelevanz hinterlässt.



Die sektiererische Linke hat ein neues Hobby gefunden: den Verrat an sich selbst. Einst unnachgiebige Verteidiger des Klassenkampfs, werfen sie heute Marxens „Kapital“ beiseite und marschieren mit religiösen Fanatikern, die von „Dschihad“ schwärmen, durch die Straßen. Warum? Weil der Westen der Feind ist. Und der Feind meines Feindes – egal wie reaktionär er sein mag – wird reflexhaft zum Freund erklärt.

Karl Marx, der Religion als Opium des Volkes geißelte (MLWerke), würde wohl kopfschüttelnd zusehen, wie seine selbsternannten Erben eine Bewegung wie die Hamas verteidigen. Die Hamas – nicht etwa eine Organisation, die die Arbeiterklasse befreit, sondern eine, die sich auf ein ultrakonservatives Verständnis des Islams stützt. In ihrer Gründungscharta von 1988 steht das Ziel klar: Der Islam ist die Lösung, der Kommunismus ein Feind.“. Und dennoch drängen sich linke Akademiker in Seminare, die Hamas-Terroristen als revolutionäre Widerstandskräfte bezeichnen. Absurder geht es kaum.

 

Der Fall der Kibbuzim: Sozialismus unter Beschuss

Man könnte fast lachen, wäre es nicht so tragisch: Am 7. Oktober griff die Hamas Kibbuzim in Israel an, jene sozialistischen Gemeinschaften, die – ironischerweise – am ehesten dem entsprechen, was Marx als „freie Assoziation der Produzenten“ beschrieb. Kollektivismus? Für die Hamas kein Ideal, sondern ein Ziel auf der Abschussliste. Ein Überlebender aus Be’eri berichtete im Interview mit der „New York Times“: „Sie kamen mit Maschinengewehren und warfen Granaten in die Häuser. Sie wollten nicht nur Menschen töten, sondern auch alles, wofür wir stehen.“ (NYT, Bericht über das Massaker in Be’eri, 12. Oktober 2023). Die sektiererische Linke aber schweigt – oder schlimmer noch: rechtfertigt die Angriffe, denn das eigentliche Ziel ist Israel, dieser vermeintliche Siedlerkolonialismus, wie es so schön in den Flugblättern heißt. Dass dabei eine der wenigen real existierenden sozialistischen Gemeinschaften zerstört wurde, spielt keine Rolle. Der antiimperialistische Reflex übertrumpft die Realität.

 

Vom Klassenkampf zum „Antiimperialismus der Dummen“

Hans Magnus Enzensberger brachte es einst auf den Punkt: Der Antiimperialismus der Dummen beschreibt jene Denkmuster, in denen westlicher Kapitalismus das ultimative Böse ist und jede Bewegung, die dagegen opponiert, automatisch als progressiv gilt. Egal, ob es sich um Diktatoren, religiöse Fundamentalisten oder selbsternannte Befreiungskämpfer handelt. Für die neue Linke zählen keine Klassen, keine Produktionsverhältnisse mehr – nur noch ein Feindbild.

Dieser ideologische Bankrott hat historische Wurzeln. Nach dem Scheitern revolutionärer Bewegungen der Arbeiterklasse suchten posttrotzkistische Strömungen verzweifelt nach neuen „Revolutionsagenten“: Maoistisches China, der Iran oder Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt. Die Logik blieb simpel: Wer gegen den Westen ist, muss ein Verbündeter sein. So landet eine Organisation wie die Hamas – reaktionär, antisemitisch und ultrareligiös – in der seltsamen Rolle des „objektiv Revolutionären“.

 

Identitätspolitik statt Marxismus

Doch nicht nur der Antiimperialismus, auch der Siegeszug der Identitätspolitik hat der sektiererischen Linken den Klassenkampf ausgetrieben. An Universitäten feiert man Diskurse über Rasse, Ethnie und Geschlecht, während die materialistische Analyse in Vergessenheit gerät. Alan Johnson schrieb treffend: „Die Linke hat nicht Marx vergessen, sondern ihn verraten.“ (Fathom Journal, Herbst 2023). Dass dabei Religion – einst das Feindbild Nummer eins – zum neuen Heilsbringer wird, zeigt, wie weit diese Entwicklung reicht.

Ein Seminar in Berkeley beschreibt Hamas-Kämpfer als „Held*innen“ im Kampf gegen den Kolonialismus. Der Klassenkampf ist passé, ersetzt durch die heroische Erzählung des unterdrückten Anderen. Man fragt sich: Was würde Karl Marx sagen, wenn er die Charta der Hamas liest? Sicher nichts, was die heutigen Seminarbesucher verstehen würden.

 

Die intellektuelle Leere

Und doch bleibt die sektiererische Linke politisch irrelevant – zumindest auf den Straßen. Ihr Einfluss aber reicht in die Medien, Akademia und NGOs, wo antiisraelische Narrative den Diskurs prägen. „Israel ist der Siedlerkolonialismus unserer Zeit“, erklärte kürzlich ein Berliner Aktivist, dessen Argumentationslinie direkt aus der postmodernen Spielanleitung stammt. Die Arbeiterklasse? Vergessen. Der Klassenkampf? Ein Relikt aus der Vergangenheit.

 

Selbstbegräbnis der Linken

Das Resultat dieser ideologischen Neuorientierung? Ein Vakuum, gefüllt mit intellektuellen Widersprüchen und moralischer Leere. Marx und Lenin, stünden sie heute auf, würden ihre Nachfolger mit Spott überschütten: „Ihr habt das Kapital gelesen, aber nichts verstanden!“ Die sektiererische Linke hat sich verraten – und begräbt sich mit ihrem Verrat gleich selbst.

Vielleicht könnte man mild sein, wenn man einen letzten Satz von Marx adaptiert: „Religion ist Opium, aber ideologischer Bankrott ist tödlich.“


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