TL;DR: Der Angriff Hamas auf Israel und die darauffolgenden Ereignisse haben in Deutschland eine Flut antisemitischer Ausbrüche und Hetze auslöst. Die wachsende Toleranz gegenüber judenfeindlichen Parolen und Handlungen zeigt, wie altbekannte Feindbilder wiederbelebt werden, verkleidet als politischer Protest. Diese Normalisierung antisemitischer Rhetorik gefährdet nicht nur jüdisches Leben, sondern untergräbt demokratische Werte.
Seit jenem schicksalhaften Tag im Oktober, als die Hamas ihren verheerenden Angriff auf Israel durchführte, hat sich in Deutschland ein besorgniserregendes Phänomen verstärkt: Der Antisemitismus, der längst in unterschiedlichsten Formen präsent war, drängt nun wieder offensiv und unverhohlen in den öffentlichen Diskurs. Schon die Anschläge von Halle und Kassel zeigten, dass dieser Hass nie verschwunden war. Doch nun kehren die altbekannten Feindbilder verstärkt zurück – diesmal oft als „Kritik“ verkleidet und zunehmend toleriert. Es scheint, als sei die Tür zum Hass auf Jüdische Menschen wieder offen, das Gift alter Vorurteile sickert in die Seelen jener, die sonst hoch und heilig „Nie wieder!“ gelobt hatten.
Was aber folgt, ist keine spontane Entladung von Hass. Es ist vielmehr ein gezieltes Wiederbeleben alter Feindbilder, versteckt unter dem Deckmantel des politischen Protests. Die Rufe, die nach Freiheit und Gerechtigkeit klingen mögen, kippen schnell ins Judenfeindliche, und jede Parole, die gegen Israel gerichtet ist, dient vielen als Vehikel, um ihre antisemitischen Ressentiments zu entladen. Ein Engagement gegen „Besatzung“ oder „Apartheid“, so die Parolen, schließt hierzulande anscheinend zunehmend ein unverhohlenes Bekenntnis zum Judenhass ein.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Die Amadeu Antonio Stiftung und der Zentralrat der Juden dokumentieren einen alarmierenden Anstieg antisemitischer Vorfälle, von Schmierereien an Synagogen und jüdischen Schulen bis hin zu tätlichen Übergriffen. Die alltägliche Hetze, die in sozialen Medien und auf Demonstrationen verbreitet wird, bleibt dabei nicht folgenlos: Sie signalisiert eine gesellschaftliche Akzeptanz für judenfeindliche Hetze, die kaum verdeckt als Teil eines „Freiheitskampfes“ gehandelt wird.
Besorgniserregend ist dabei nicht nur die Zunahme der Übergriffe, sondern auch die Normalisierung antisemitischer Rhetorik in breiten Teilen der Gesellschaft. Diese Toleranz für Hass auf jüdische Menschen ist kein „neues“ Problem. Sie zeigt, wie schnell die Masken der Aufgeklärtheit fallen, wenn alte Ressentiments einen frischen Aufhänger finden. Mit zynischer Berechnung wird so getan, als sei Antizionismus ein rein politischer Ausdruck, ein legitimer Widerstand gegen ein „Apartheid“-Regime – doch wer hinsieht, erkennt die Kontinuitäten, die hier aufleben. Die feinen Unterschiede zwischen Kritik und Hetze verschwimmen, und bald schon wird jüdisches Leben zur Zielscheibe für eine Bevölkerung, die allzu gern verdrängt, wie gefährlich dieser Boden ist, auf dem sie wandelt.
Die deutsche Gesellschaft hat aus ihrer Geschichte gelernt, heißt es oft. Doch wenn sich jetzt breite Teile tolerant zeigen gegenüber den neuen, altbekannten Parolen, dann verrät uns das ein bedrohliches Maß an Verantwortungslosigkeit – nicht nur gegenüber jüdischen Bürger*innen, sondern gegenüber den Grundwerten der Demokratie. Denn wer in der Verteidigung der Rechte aller Menschen den Hass gegen einzelne Gruppen duldet, der beschädigt die Grundlage des friedlichen Zusammenlebens.
Wer heute also schweigt, sieht morgen vielleicht zu, und übermorgen ist es für viele schon zu spät.
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