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Der Triumph des Ressentiments: Trumps Kreuzzug gegen das Denken

  • kpeterl
  • 22. März
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 22. März

TL;DR: Trump schafft das Bildungsministerium ab – ein Triumph für jene, die Bücher für gefährlicher halten als Gewehre. Der Kreuzzug gegen Denken und Aufklärung erreicht seinen Höhepunkt. Was Reagan versprach, vollendet nun der Autokrat.


Präsident Donald Trump bereitet sich darauf vor, am Donnerstag, dem 20. März 2025, während einer Zeremonie im Weißen Haus in Washington eine Durchführungsverordnung zur Aushöhlung des Bildungsministeriums zu unterzeichnen.
Präsident Donald Trump bereitet sich darauf vor, am Donnerstag, dem 20. März 2025, während einer Zeremonie im Weißen Haus in Washington eine Durchführungsverordnung zur Aushöhlung des Bildungsministeriums zu unterzeichnen.

 

Als Donald Trump am 20. März ein Dekret unterzeichnete, das die Abschaffung des Bildungsministeriums anordnete, dann ist das kein bürokratischer Akt, sondern die Krönung eines jahrzehntelangen Kreuzzugs – gegen Aufklärung, gegen Wissen, gegen alles, was nicht ins enge Weltbild einer Partei passt, die ihre ideologische Herkunft längst nicht mehr leugnet, sondern sie feiert: die republikanische Rechte, zunehmend ungeniert in ihrer Verachtung für jedes staatliche Bemühen um geistige Emanzipation. Nun also: die Zerschlagung dessen, was in Amerika ohnehin nie mehr als eine symbolische Bildungsverwaltung war – aber Symbolik genügt, wenn der Feind die Vorstellung selbst ist, dass Menschen durch Bildung auf dumme Gedanken kommen könnten.

 

Trumps zweiter Anlauf ins Weiße Haus – und sofort wird geliefert: Was Reagan in Sonntagsreden versprach, führt Trump mit dem Pathos eines Abrissunternehmers aus. Die Auflösung des Bildungsministeriums: ein feuchter Traum der reaktionären Rechten, nun Wirklichkeit geworden unter dem Applaus der Fox-News-Fraktion, die Bildung ohnehin für Teufelswerk hält – es sei denn, sie wird in Bibelschulen betrieben, mit Gebeten gegen Gender und Darwin.

 

Die Inszenierung: grotesk und symbolträchtig zugleich. Ein Wohnzimmer des Weißen Hauses zum Klassenzimmer umfunktioniert, der autokratische Märchenonkel flankiert von Schulkindern, die ihm als Staffage für den staatlichen Intelligenzsturz dienen. Der Präsident, stolz wie ein Zuchtmeister, erklärt die Ministerin Linda McMahon zur letzten ihrer Art – als hätte man Goebbels zum Schlussredner einer Demokratiekonferenz geladen. McMahon, deren Name wie aus einer Seifenoper klingt, beginnt sofort mit der Abrissbirne: 2.000 Stellen gestrichen, die Hälfte der Belegschaft. Aber keine Sorge, ruft sie lächelnd ins Mikrofon – das Geld gehe nun „zurück an die Staaten“, wo es hingehöre. Staaten wie Texas oder Florida, versteht sich, wo Bücher verbrannt werden, weil sie von Sklaverei oder Homosexualität handeln.

 

Was hier geschieht, ist nicht bloß Symbolpolitik – es ist ein ideologischer Amoklauf. Der Feind heißt „Wokeness“, dieser semantische Nebel, der für alles steht, was rechts von Ronald Reagan als Bedrohung empfunden wird: Gleichberechtigung, Diversität, kritisches Denken. Dass das Bildungsministerium in den USA ohnehin wenig Macht besitzt – geschenkt. Es geht ums Prinzip: Wer Bildung nicht kontrollieren kann, schafft sie eben ab. Das ist keine Dummheit, das ist Kalkül – die Rechte weiß, dass sie mit offenen Büchern keine geschlossenen Gesellschaften errichten kann.

 

Und so wird ein Ministerium zum Symbol der Unterdrückung erklärt, das kaum mehr als 10 % der Schulausgaben verantwortet – aber mit seiner bloßen Existenz daran erinnert, dass Bildung mehr sein könnte als Mittel zum Zweck. Der „Tyrann“, wie ihn Chuck Schumer nennt, bricht den Stab über das, was ihm gefährlich erscheint: kritische Lehrer, aufmüpfige Schüler, eine Gesellschaft, die mehr will als dumpfen Gehorsam. Dass Trump für seine bildungsfeindliche Zerstörungsfantasie 60 Stimmen im Senat braucht, ist ein schwacher Trost – auch Rom fiel nicht an einem Tag.

 

Doch während die einen klagen („Wir sehen uns vor Gericht“, ruft die Lehrergewerkschaft), jubeln die anderen. Sarah Huckabee Sanders, Gouverneurin von Arkansas, spricht in einem Meinungsbeitrag davon, dass Trump endlich vollende, was Reagan einst versprach. Die konservative Hydra freut sich, der Bildungsapparat blutet. Es ist ein Sieg für jene, die Bücher für gefährlicher halten als Gewehre – ein Sieg der Symbolpolitik, der sich als Vorbild für andere Demokratien tarnt, in denen der Rechtsruck längst nicht mehr in den Kinderschuhen steckt.

 

Mit der Abschaffung des Bildungsministeriums erreicht der Kampf der Rechten gegen das Denken seinen vorläufigen Höhepunkt – und vielleicht den Anfang vom Ende einer Gesellschaft, die sich einmal ihrer Aufklärung rühmte.


 
 
 

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