TL;DR: Ein Messerangriff und der Bundestag istim rechten Überbietungswettlauf: Union, FDP & BSW liefern der AfD die Steilvorlage. Scholz palavert, die Union fordert Verfassungsbruch, das Parlament nickt Asylverschärfungen ab. Deutschland? Im AfD-Modus.

Ein Messerangriff in Aschaffenburg – und das politische Berlin schaltet in den Notstandsmodus. Im Bundestag herrscht hektische Betriebsamkeit, als ließe sich die Welt mit ein paar Entschließungsanträgen wieder ins Lot bringen. Union, FDP und die neue Querfront BSW liefern sich ein Wettrennen um die schärfste Forderung, während die AfD genüsslich die Ernte einfährt. Der rechte Diskurs verschiebt sich weiter, und keiner zieht die Notbremse.
Am Mittwoch dann die große Inszenierung: Kanzler Scholz hält eine Regierungserklärung zu „aktuellen innenpolitischen Themen“ – ein Pflichttermin für politische Rhetorik in ihrer geschmeidigsten, aber wirkungslosesten Form. Parallel dazu hagelt es Anträge: Zwei von der Union, je einer von FDP, AfD und vielleicht dem BSW – allesamt ohne Verbindlichkeit, aber mit maximalem PR-Effekt.
Die Union ruft nach Maßnahmen, die das Grundgesetz mit der Eleganz eines Vorschlaghammers zerschlagen: Zurückweisungen an den Grenzen, Dauerkasernierung für „Gefährder“. Natürlich nicht umsetzbar, aber um Rechtsstaatlichkeit geht es längst nicht mehr – entscheidend ist, dass die Regierung sich weigert und man anschließend empört verkünden kann, die Ampel sei gegen den „Volkswillen“. Das Manöver ist so alt wie perfide. Dass die CDU mit FDP, AfD und BSW bereits eine Mehrheit für den 5-Punkte-Plan von Friedrich „Remigrationsfantasien“ Merz hat, ist sicher.
Doch der eigentliche Tabubruch steht für Freitag an: Die Union bringt ihr „Zustrombegrenzungsgesetz“ ins Parlament – ein Begriff direkt aus der Werkstatt der politischen Euphemismen. Offene Grenzschließungen überlässt man lieber der AfD, stattdessen setzt man auf subtile Grausamkeiten: Der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte wird auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Das heißt: Tausende Menschen werden für Jahre, vielleicht Jahrzehnte, von ihren Angehörigen getrennt – ein Menschenrechtsbruch mit Bundestagssiegel.
Die Hoffnung, die Debatte mit ein paar Verschärfungen zu befrieden, ist naiv. Jede Konzession treibt den Diskurs weiter nach rechts. Seit Monaten rutscht die Politik in den Modus „AfD light“, in der verzweifelten Hoffnung, die Wähler noch einmal mit einem härteren Kurs einzufangen. Doch wer dem rassistischen Überbietungswettbewerb hinterherrennt, wird ihn nicht einholen – sondern übernimmt irgendwann einfach das Programm. Wer sich heute noch für Unionspolitik hält, könnte morgen schon am Rednerpult der AfD stehen.
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