TL;DR:Die Linke nimmt BSW-Rückkehrer*innen auf – Prinzipientreue oder betreutes Diskutieren für politische Irrläufer? Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein. Warum das die Partei destabilisiert, lest ihr hier:

Die Wiederkehr der verlorenen Töchter & Söhne in die Linke? Die Linke muss die Lehre ziehen: Schluss mit fehlerhaften Kompromissen! Wer zum BSW gegangen ist, bleibt draußen, denn eine linke Partei ohne klare Prinzipien ist kein politisches Projekt, sondern ein betreutes Diskutieren für politische Irrläufer.
Es gibt Dinge, die geschehen so vorhersehbar, dass nicht einmal ein gelangweilter Wahrsager sie als Sensation verkaufen könnte. Der Rückzug von ehemaligen Linken aus dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zurück in die warme, wenngleich neu gelüftete und vom muff der vergangenheit befreiten Stube der Linken gehört zweifellos dazu. Erst mit wehenden Fahnen davon, nun mit hängenden Köpfen zurück – das könnte eine dieser sentimentalen Heimkehr-Geschichten sein, wäre es nicht eine Tragikomödie über das, was passiert, wenn eine Partei beginnt, ihre eigenen Prinzipien wie Ramschware auf dem ideologischen Grabbeltisch anzubieten.
Die Linke, einst ein Sammelbecken für konsequenten Antifaschismus und soziale Gerechtigkeit, übt sich nun in der Re-Integration jener, die ihr aus taktischen Gründen eichtung BSW den Rücken kehrten. Kein Problem für Ines Schwerdtner, die noch in der taz vom 13. Februar 2025 mit feinem Gespür für Dialektik bekräftigte, dass sie den Abgang des „linkskonservativen“ Flügels gerne verhindert hätte. Sie sieht die „Rückkehr von BSW-Mitgliedern“ also nicht als problematisch – was insofern kaum verwundert, als dass konsequente Haltung in dieser Debatte ohnehin so selten ist wie eine Lobrede auf Karl Marx im FDP-Parteiprogramm.
Noch putziger wird es mit dem Bewegungslinken Thomas Goes, dessen Facebook-Weisheiten vom 17. Februar klingen, als habe er ein soziales Rückführungsprogramm für geläuterte Opportunisten erfunden: Natürlich, die Scharfmacher*innen haben sich verabschiedet (vermutlich, weil sie eine Partei mit Haltung unerträglich fanden), aber unter den Überläufern seien ja auch „gute Leute“ gewesen. Dass er das selbst glaubt, ist rührend – dass es in der Linken tatsächlich Gehör findet, ist erschreckend.
Denn hier liegt das eigentliche Problem: Eine Partei, die bereitwillig Exilanten aufnimmt, die vor wenigen Monaten noch die Messer wetzten, schaufelt sich ihr eigenes Grab. Wer die ideologische Klarheit aufgibt, um verlorene Söhne (und Töchter) mit offenen Armen zu empfangen, darf sich nicht wundern, wenn am Ende keiner mehr weiß, wofür der Laden eigentlich steht.
Man mag es für politische Weitsicht halten, alten Streit beizulegen und frühere Gegner*innen wieder ins Boot zu holen. Doch so zu tun, als würden Linke, die bewusst dem BSW beitraten – einer Partei, die von Anfang an die AfD normalisierte und politische Abstimmungen mit Faschisten suchte –, durch ihr kurzes Intermezzo dort und ihre anschließende Rückkehr zur Linken plötzlich wieder zu glaubwürdigen Antifaschist*innen, ist nichts weiter als Selbstbetrug. Denn worin unterscheidet sich eine Partei, die bereit ist, sich von jedem Windstoß treiben zu lassen, von einem schlaffen Fähnchen, das sich willig in jede beliebige Richtung dreht? Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein.
Die Lehre aus dem BSW-Intermezzo müsste eigentlich lauten: Schluss mit den faulen Kompromissen, zurück zu klarer antifaschistischer Kante. Wer in der Partei war, sich aus kalkulierter Empörung verabschiedete und nun, nachdem das neue Projekt weniger Höhenflüge brachte als ein Betonflügel, wieder anklopft, sollte mit dem moralischen Äquivalent einer Drehtür begrüßt werden: Einmal rein, einmal raus – und bitte nicht wiederkommen.
Doch stattdessen wird in der Linken weiter das Prinzip „großzügiges Gewährenlassen“ gepflegt. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es dort weniger um politische Überzeugung geht als um eine Art betreutes Diskutieren für politische Irrläufer. Und so bleibt als Fazit nur eine bittere Erkenntnis: Die wahre Gefahr für die Linke sind nicht die politischen Gegner, sondern der eigene Hang zur Selbstaufgabe.
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