TL;DR: Ein tragischer Vorfall, 30 Verletzte – und Ketterl, Wagenknecht, AfD machen ihn zur Bühne. Fakten? Egal. Was zählt, ist das Spiel mit Angst und Verschwörung. Die Wahrheit stirbt, während die Empörung marschiert. Willkommen im Theater der politischen Farce. 🎭

Was für eine Darbietung! Simone Ketterl, Bundestagskandidatin der BSW, Sahra Wagenknecht, der letzte Fixstern auf dem bald kollabierenden Sternhaufen des BSW, und die AfD, jene politische Geisterbahn, in der Angst und Ressentiment als Dauerschleife laufen, haben sich vor dem Hintergrund eines furchtbaren Vorfalls in München zu Wort gemeldet – und wer hätte es gedacht, sie nutzen die Gelegenheit nicht etwa für Mitgefühl oder Aufklärung, sondern für ihre Lieblingssportart: politisches Fingerhakeln im Giftschrank der Polemik.
Simone Ketterl – oder: Cui bono und die Kunst der verschwörungstheoretischen Fingerübun
Die Dramaturgie dieses Spiels eröffnet Simone Ketterl, die aus der ersten Reihe konspirativer Rätselrater direkt ins Scheinwerferlicht tritt. Kaum ist die Meldung über den mutmaßlichen Anschlag raus, wetzt sie bereits ihr rhetorisches Skalpell: „Wem nützt das?“ fragt sie bedeutungsschwanger, wohl wissend, dass das Publikum die Frage längst verstanden hat. Zielsicher deutet sie auf die üblichen Verdächtigen: Die Münchner Sicherheitskonferenz, diese geheimnisvolle Kabale der Mächtigen, die stets irgendwo hinter den Kulissen lauert, und – natürlich! – die CDU und die AfD, die sich insgeheim wohl schon die Hände reiben. Dass die Realität, jene störrische Geliebte, hier keinen Platz findet, stört nicht. Was zählt, ist das Raunen, das Andeuten, die insinuierte Verschwörung, in der jeder Beteiligte nur eine Marionette größerer Pläne ist.
Sahra Wagenknecht – Auf Stimmenfang im Fahrwasser der AfD
Dann betritt Sahra Wagenknecht die Bühne, die Grande Dame des Volksempfindens, immer im Clinch mit der Realität, doch stets mit dem Finger am Puls der Stammtischherzen. Was sie in die Twitter-Welt schleudert, ist die übliche Melange aus Halbwahrheit und Angstprojektion: „Wieder ein Asylbewerber, wieder polizeibekannt.“
Nur dumm, dass der Bayerische Innenminister bereits klargestellt hat, dass der Täter weder straffällig noch ausreisepflichtig war. Aber wozu die Fakten prüfen, wenn die Pointe doch schon bereitliegt und der Applaus des einfachen Volkes sicher ist? Wagenknecht hat längst aufgehört, die Verhältnisse zu kritisieren, sie bespielt lieber das große Kino der Emotionen – ein Drama, in dem die Wahrheit bestenfalls ein ungeladener Gast ist.
Hier wird der Täter nicht nur kriminalisiert, sondern gleich in die große Erzählung der „unkontrollierten Migration“ eingesponnen – das ist Wagenknechts neues Mantra, das sie auf jeder Bühne predigt: Aus der Linken ist sie die Verfechterin des „heimatlichen Schutzwalls“ geworden, irgendwo zwischen Friedrich Engels und Horst Seehofer, aber immer nahe bei Alice Weidel.
Die AfD – Die Meister des Verdachts
Und dann die AfD – der Chor der Empörten, der immer denselben Refrain singt. Kaum zu glauben, dass sie sich die Gelegenheit entgehen lassen, den Täter reflexartig zu einem „polizeibekannten und psychisch kranken Asylbewerber“ zu erklären. Was tut es zur Sache, dass der junge Mann seit Jahren eine Aufenthaltserlaubnis hat, in einer Sicherheitsfirma arbeitet und weder ausreisepflichtig noch auffällig war? Für die AfD ist die Wahrheit ohnehin bloß ein störendes Rauschen im permanenten Alarmzustand ihrer politischen Brandmelder. Hier wird die Realität so lange zurechtgebogen, bis sie in die Blaupause der eigenen Weltuntergangsvision passt: Deutschland am Abgrund, bedroht von Flüchtlingen, von Linken, vom Staat selbst.
Dass diese Rhetorik längst jedes Maß an Anstand und Differenzierung über Bord geworfen hat, überrascht niemanden mehr. Aus dem „psychisch krank“ wird ein codeartiger Hinweis, eine Chiffre, die suggeriert, dass deutsche Behörden systematisch Gefahren relativieren – ein düsterer, gefährlicher Mythos, den man bewusst streut, um Vertrauen in den Staat zu untergraben.
Was bleibt, ist eine Mischung aus Zynismus und Dreistigkeit, eine Inszenierung, die weder die Opfer noch die Wahrheit im Blick hat. Stattdessen tanzen Ketterl, Wagenknecht und die AfD über die Ruinen des Vorfalls und wetteifern darum, wer die größte Pointe im politischen Sandkasten setzt.
Das Opfer hier sind nicht nur die 30, teils schwerstverletzten Personen, die Opfer des Attentats wurden. Das Opfer ist die Wahrheit. Die nüchterne, unaufgeregte Wahrheit, die von diesen Akteuren kurzerhand geopfert wird – und dass alles im Namen der „Aufklärung“. Doch vielleicht steckt hier doch mehr Wahrheit drin, als man auf den ersten Blick sieht: Nichts entlarvt die politische Instrumentalisierung so sehr wie der Moment, in dem sie den Akteuren selbst zur Farce gerät.
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