TL;DR: Peter Kurth, Ex-#CDU-Finanzsenator Berlins, durch und durch ein "Mann der Mitte", fiel durch finanzielle Unterstützung rechtsextremer Netzwerke und enge Verbindungen zur Szene auf. Der Fall illustriert, wie Rechtsextremismus zunehmend in der bürgerlichen Mitte Wurzeln schlägt und durch die Bürgerliche mitte unterstützt wird, die oft ihre Mitverantwortung leugnet. Solange die gesellschaftliche Mitte die strukturellen Ursachen und eigene Verstrickungen ignoriert, bleibt der Rechtsextremismus nicht nur am Rand, sondern wird zum gesamtgesellschaftlichen Problem.
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Wie man einen „bürgerlichen Ruf“ pflegt und ihn dann zugunsten einer Nähe zu extremen Rechten einsetzt, zeigt der Fall von Peter Kurth, Berlins ehemaligem CDU-Finanzsenator. Kurth, einstig der Inbegriff eines soliden Vertreters der politischen Mitte, ist in den letzten Jahren durch mehrere Verstrickungen mit rechtsextremen Netzwerken aufgefallen. Der Vorwurf, dass er finanzielle Mittel in Höhe von 100.000 Euro zur Verfügung stellte, die mutmaßlich in ein Immobilienprojekt der militanten Gruppe „Sächsische Separatisten“ flossen, wirft ein bezeichnendes Licht auf ihn. Diese Gruppe, die bereits seit 2020 durch paramilitärische Strukturen auffällt, hegt apokalyptische Visionen einer Staatsgründung in Ostdeutschland, die durch rassistische „Säuberungen“ und „ethnische Homogenität“ geprägt sein soll. Und Kurth? Er sieht sich als Freund des bürgerlichen Investments.
Ein leerstehendes Gebäude, eine Vision – und ein bisschen Hilfe von der „Mitte“
Kurth, der Mann, der als CDU-Politiker einst die finanziellen Geschicke Berlins lenkte, schob dem vermeintlichen Terrorismus unbedarft eine hohe Summe rüber – als „Privatdarlehen“, wie er betont. Und wenn er von „Privatdarlehen“ spricht, klingt das beinahe so, als habe er die Unschuld vom Lande mit einem kleinen Baukredit für den „guten Zweck“ beglückt. Dass besagtes Objekt als möglicher Treffpunkt für Rechtsextreme dienen sollte, ist für Kurth natürlich „nie ein Thema gewesen“.
„Von dieser Truppe war nie die Rede, ich kenne sie nicht und lehne sie ab. Aber die sind wohl da drin. So ein Mist.“* – Peter Kurth
Offensichtlich ist der Ex-Senator blind für das Radikale geworden, das er mit seinem Geld fördert. Ist dies ein „Meisterwerk der Blindheit“ oder nur eine bequeme Form der moralischen Amnesie? Hier öffnet sich die bürgerliche Mitte, die stets auf Distanz zu „Extremen“ pocht, um bereitwillig zu unterstützen – solange die Gefahr gut getarnt bleibt.
Gastgeber für extremistische Gemütlichkeit – Die Netzwerke des Herrn Kurth
Dass Peter Kurth seine Gastgeberrolle ernst nimmt, zeigte sich, als er seine Privatwohnung im Herzen Berlins zur Bühne für ein Treffen rechtsextremer Koryphäen umgestaltete. Hier mischten sich Vertreter der Neuen Rechten, AfD-Spitzenpolitiker und Aktivisten der Identitären Bewegung. Kurth selbst bezeichnet die Veranstaltung als „privat“, geradezu harmlos im Sinne eines gemütlichen Abends unter Gleichgesinnten.
„Wer mit Neo-Nazis, Rechtsextremisten und anderen Menschenfeinden paktiert, hat in der CDU nichts zu suchen.“* – Kai Wegner, CDU-Bürgermeister Berlins
Offenbar ist die bürgerliche Mitte, für die Kurth einst stand, ein ideales Netzwerk für extremistische Strömungen, die sich mittlerweile „wohlgesittet“ in bürgerlichen Wohnungen treffen. Ironischerweise finden diese „rechtsoffenen Abende“ oft ohne jeden Diskurs zur Demokratie statt – oder ist das das „neue Bürgerliche“?
Rechtsextremismus aus der Mitte – ein verdrängtes Problem
Peter Kurth steht exemplarisch für ein Phänomen, das sich als blinder Fleck der gesellschaftlichen Mitte offenbart: Rechtsextremismus entsteht und gedeiht nicht allein in den Rändern der Gesellschaft, sondern speist sich immer wieder aus Positionen, Diskursen und Machtstrukturen der politischen Mitte. Bereits Wilhelm Heitmeyer diagnostizierte, dass der Extremismus oft „aus der Mitte der Gesellschaft“ erwachse und dass gesellschaftliche Eliten – wie auch Führungskräfte aus Politik und Wirtschaft – eine erhebliche Rolle bei der Formung des „geistigen Klimas“ spielen, das extremistische Ideologien begünstigt.
Die Verstrickungen Kurths werfen die Frage auf, ob der „Konsens der Demokraten“ tatsächlich gegen Rechtsextremismus gerichtet ist oder ob man die Wurzeln des Problems lieber in dunklen Ecken belässt, während man selbst zur Normalität zurückkehrt. Die zunehmende Resonanz ethnisierender und nationalistischer Diskurse, die in der Mitte unserer Gesellschaft Fuß fasst, zeigt, dass das Problem struktureller Natur ist – eines, das die wohlbehütete politische Mitte keinesfalls als eigenen Anteil akzeptieren möchte.
„Man muß die Eliten in den Blick nehmen“,* schrieb Thomas Herz bereits 1993, und heute mehr denn je sehen wir, wie sich diese Eliten den Anstrich der Biederkeit verleihen, während ihre Netzwerke Wurzeln schlagen, die demokratische Fundamente destabilisieren können.
Die vergessene Eigenverantwortung – wie bürgerliche Ignoranz das Problem nährt
Im Licht von Kurths Unterstützung rechter Netzwerke lässt sich nicht länger von einem isolierten Extremismus am „rechten Rand“ sprechen. Der politische Mainstream – die etablierte Mitte – ist nicht unbeteiligt daran, wenn Hass und Rassismus gedeihen. Es ist das offene Dulden, die halbherzige Distanzierung und das Schweigen angesichts rechter Aggression, das diese Kräfte in die Gesellschaft einsickern lässt. Die öffentlichen Empörungen und Distanzierungen erscheinen oft mehr als Inszenierungen denn als echtes Engagement gegen die Bedrohung durch den Rechtsextremismus.
Das Problem ist längst in der Mitte angekommen, und es ist die Verantwortung dieser „Mitte“, das Problem anzuerkennen und nicht auf Extremisten am Rand abzuschieben. Vielleicht wird es Zeit, von einem echten „bürgerlichen Widerstand“ zu sprechen – einem, der die Missstände im eigenen „Kulturraum“ anerkennt, anstatt mit Lippenbekenntnissen die Fassade aufrechtzuerhalten.
Wie lange noch können sich Ex-Politiker wie Peter Kurth hinter dem Mantel der „Privatmeinung“ und der „gutbürgerlichen Naivität“ verstecken, bevor das „Reich“ der Mitte einsehen muss: Die Saat für den Extremismus fällt nicht mehr auf Randgebiete, sondern auf den gepflegten Rasen der eigenen bürgerlichen Gärten?
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