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Ein Volk, ein Kanzler, ein Kämpfer: Die SPD marschiert ins Nichts

kpeterl

Es war einmal eine Partei, die die Arbeiterbewegung repräsentierte, sich gegen Militarismus und Klassenherrschaft wandte und soziale Gerechtigkeit über nationale Mythologie stellte. Doch das war einmal, und wie es bei Märchen so ist, sollte man sie lieber Kindern vorlesen als Wahlplakaten entnehmen. Die SPD, dieser wandelnde Beweis für die These, dass Reformismus ohne Weg und Ziel stets bei der Kapitulation endet, hat sich für ihren neuesten Streich nicht lumpen lassen: „Wir kämpfen für Dich und Deutschland.“


Man reibt sich die Augen. Waren es nicht Sozialdemokraten, die mit Hartz IV das Proletariat ins Prekariat beförderten, mit der Agenda 2010 den Wohlfahrtsstaat filetierten und mit Schuldenbremse und Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge das Wasser abgruben? War es nicht Olaf Scholz, dieser technokratische Bürokrat ohne Eigenschaften, der sich als Erfinder des „Basta“-Sozialabbaus feiern ließ und nun mit treuherzigem Lächeln die Rückkehr zur sozialen Politik verspricht – natürlich nur, solange der Markt es erlaubt?


Doch nun wird gekämpft! Gegen was, fragt man sich. Gegen steigende Mieten? Gegen explodierende Lebensmittelpreise? Gegen die Konzerne, die sich an der Inflation eine goldene Nase verdienen, während die Bürger an der Kasse um den Kilopreis von Kartoffeln feilschen? Natürlich nicht. Man kämpft – für Deutschland. Was genau das heißt, bleibt im Nebel des Pathos verborgen, aber in einer Zeit, in der selbst die FDP auf Heimatschutz macht, darf die SPD nicht zurückstehen.


Willy Brandt, der einst vor den Opfern der Deutschen in Warschau auf die Knie fiel, dreht sich im Grabe um, während August Bebel vermutlich gar nicht so lange leben wollte, um diese nationale Regression erleben zu müssen. Die Sozialdemokratie, einst Bollwerk gegen völkischen Wahn, rekelt sich nun wohlig im Flaggenmeer, als hätte man sich von den guten alten Zeiten Preußens inspirieren lassen, als Soldaten noch fürs Vaterland starben und nicht für das nächste Rüstungsprojekt von Rheinmetall.


Die Nation als Trostpflaster, die schwarz-rot-goldene Fahne als Beruhigungstablette für das Wahlvolk: Wer arm ist, wer Angst vor dem sozialen Abstieg hat, wer nicht mehr weiß, wie er durch den Monat kommt – der soll sich immerhin als Teil eines kämpfenden nationalen Kollektivs fühlen.


Die SPD marschiert wieder. Leider nicht nach vorn.



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