„Heul doch, Elon!“
- kpeterl
- 31. März
- 2 Min. Lesezeit
TL;DR: Elon Musk bezeichnet es als "Missbrauch", wenn die Justiz korrupte Politiker*innen wie Le Pen verurteilt. Der Milliardär, der Wahlen kauft wie Bonbons, zeigt eindrücklich: Für ihm gilt das Gesetz nur für andere.

Wenn Milliardäre aus dem Silicon Valley plötzlich zu Hütern der Rechtsstaatlichkeit aufsteigen, ist höchste Wachsamkeit geboten. Elon Musk, dieser Tesla-Troubadour im Superheldenkostüm der freien Rede, echauffiert sich also über die „radikale Linke“, weil Marine Le Pen – einst lautstarke Befürworterin lebenslanger Amtsverbote für korruptes Personal – von der Justiz eben jener Realität eingeholt wurde, die sie so gern beschwört. Ironie ist das, was passiert, wenn der galaktische Unternehmer den Unterschied zwischen Justiz und Justizverhinderung nicht erkennt.
Ein Gericht verhängt Millionenstrafen gegen den Rassemblement National – vormals Front National, doch ein neuer Name ändert bekanntlich nichts am alten Gestank. 23 Verurteilte, Geldstrafen, Bewährungsstrafen, Berufsverbote – das volle Besteck, das eine Demokratie ihren politischen Aasgeiern entgegenwerfen kann, ohne gleich nach der Guillotine zu rufen. Höchststrafe für Marine Le Pen, deren Verhältnis zur Unschuld etwa so glaubhaft ist wie Musks Verhältnis zur Meinungsfreiheit: situativ flexibel und eigennützig.
Doch anstatt das zu goutieren, was man landläufig als Rechtsstaat bezeichnet, kreischt der Milliardär vom Dienst auf X, jenem digitalen Prangerplatz, den er zur libertären Müllhalde umfunktioniert hat: „Missbrauch!“ – eine Worthülse, die bei Rechtspopulisten immer dann zum Einsatz kommt, wenn der Rechtsstaat tut, was er soll. Dass dieser Mann, der einst mit Twitter die Welt retten wollte und nun täglich mit Trollarmeen Demokratie zerlegt, sich erdreistet, Justizkritik als Akt der Freiheit zu verkaufen, ist ein Treppenwitz der Geschichte – oder schlicht: das neue Normal in Zeiten, in denen der Besitz eines Satelliten-Netzwerks offenbar zur moralischen Immunität verleitet.
Und natürlich darf auch Trumps Hofschar nicht fehlen – ausgerechnet jene Clique, die unter law & order stets das Recht des Stärkeren verstand, warnt nun vor „juristischen Angriffen“. Die eigentliche Farce ist: Sie meinen das ernst. Musk verteidigt also eine Partei, die sich mit Scheinarbeitsverträgen am Steuergeld mästete – während er selbst Subventionen kassiert, als wären sie Kinderüberraschungen für Milliardäre. Verteidigt den Dieb – und streicht selbst den Finderlohn ein. Ein Clown, der vorgibt, ein Bürgerwehrmann zu sein.
Und Le Pen? Die darf sich glücklich schätzen, dass das Gericht milder ist als ihr eigener Strafwunsch. 2013 war sie noch für lebenslange Disqualifikation bei Korruption – heute nennt sie’s wohl „politische Verfolgung“. Wahrscheinlich war’s die radikale Linke, die ihr Konto eingerichtet hat. Oder der tiefe Staat. Oder George Soros. Oder einfach die Realität, die sich nicht länger korrumpieren lässt.
Wenn also Elon Musk das für „Missbrauch“ hält, bleibt eigentlich nur eine Frage offen: Wurde ihm beim Raketenstart der moralische Kompass aus der Umlaufbahn geschossen – oder war da nie einer?
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