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„Ich bin Marine!“ – Die Internationale der Demokratieverächter und ihr Kreuzzug gegen die Justiz

  • kpeterl
  • 31. März
  • 3 Min. Lesezeit

TL;DR: Nach dem Urteil gegen Marine Le Pen hat die globale extreme Rechte die Gerichtsentscheidung als „politisch“ verurteilt. Von Elon Musk über Viktor Orbán bis hin zu Fabio De Masi: Die globale faschistische Allianz und ihre Helfershelfer kommt Marine Le Pen zu Hilfe.



Die globale Rechte heult, und das lautstark. Nicht etwa, weil ein Unrecht geschah, sondern weil zum ersten Mal eines ihrer Idole mit den Konsequenzen desselben konfrontiert wird. Marine Le Pen, einst Jeanne d’Arc der ressentimentgeladenen Bourgeoisie, jetzt rechtlich geerdet: nicht wählbar. Ein Pariser Gericht hatte die Dreistigkeit, die Regeln des französischen Strafrechts konsequent anzuwenden – was in den Kreisen der Rechtsnationalen als Sakrileg gilt.


Die Reaktionen gleichen einem Trauerchor mit autoritärem Timbre. Viktor Orbán, der in Ungarn die Gewaltenteilung durch Feudalherrlichkeit ersetzt hat, bläst auf X:

„Je suis Marine!“„Ich bin Marine!“– eine Verhöhnung der Charlie-Hebdo-Solidarität, die wohl nur in Kreisen goutiert wird, in denen man Pressefreiheit für ein Hygieneproblem hält.


Auch Matteo Salvini, Ministerratsvize und Dauerprovokateur im Dienste der neofaschistischen Rückabwicklung der italienischen Republik, bläst zum Kreuzzug gegen die Justiz und jammert:

„Was gegen MLP geschieht, ist eine Kriegserklärung aus Brüssel.“

Wilders, blondierter Prophet eines niederländischen Abendlandes, fühlt sich ebenfalls berufen:

„Ich bin schockiert über das unglaublich harte Urteil gegen Marine Le Pen.“Die Forderung nach Gnade für politisch Gleichgesinnte wird – man ahnt es – nicht auf Linke ausgedehnt.


Der rechtsextreme internationale Schulterschluss gipfelt in einem digitalen Singsang über den „Tag, an dem die Demokratie in Frankreich starb“. Jordan Bardella spricht von „Hinrichtung“, während Santiago Abascal, Vox-Chef und Franco-Fantast, verkündet:

„Es wird ihnen nicht gelingen, die Stimme des französischen Volkes zum Schweigen zu bringen.“Das ist jener Mann, der Marine Le Pen, Orbán und Elon Musk zu einem Gipfel in Madrid versammelte – man möchte sagen: Das Who-is-who der Postdemokratie.


Und als wäre der internationale rechte Sprechchor nicht schon grotesk genug, meldet sich auch Fabio De Masi zu Wort, linker Abweichler mit Hang zur Querfront-Rhetorik. In einem Thread auf Twitter tut er, was in solchen Fällen Standard ist: zuerst distanzieren, dann relativieren, schließlich unterstellen. Wörtlich:

„Vorab: Le Pen ist meine politische Gegnerin und die Veruntreuung öffentlicher Gelder scheint erwiesen.“„Doch in anderen Fällen wurde die Berufung abgewartet. Das erscheint mir im heutigen Urteil zumindest auf den ersten Blick widersprüchlich.“

Wer so redet, schielt nicht nach Gerechtigkeit, sondern nach Anschlussfähigkeit. Und er findet sie – bei jenen, die das Urteil gegen Le Pen zur Gelegenheit nehmen, über „rote Richter“, „Wahlbeeinflussung“ und „staatliche Doppelmoral“ zu fantasieren. De Masi schreibt weiter:

„Wenn es üblich wird, die politische Auseinandersetzung mit Politikern der extremen Rechten in – zumindest nach meinem Eindruck – nicht konsistenter Weise über die Justiz zu führen, kann dies das letzte Vertrauen in unabhängige Gerichtsbarkeit untergraben.“


Da ist sie wieder, die Suggestion, das Problem sei nicht Le Pen – sondern das Rechtssystem. Die Rechten hören solche Sätze gern, denn sie liefern den rhetorischen Kit für die Erzählung vom „System“, das „die Wahrheit unterdrückt“. Wenn dann noch darauf verwiesen wird,

„dass viele etablierte Politiker ein beachtliches Vorstrafenregister im Plenarsaal“ hätten, ist der Weg frei für das, was man gemeinhin als strukturelle Relativierung bezeichnet.


Wohlgemerkt: Niemand bestreitet die Selektivität kapitalistischer Justiz. Aber wer sich, wie De Masi, explizit auf die Fälle in Frankreich und Rumänien bezieht, und dabei insinuiert, hier werde „Wählbarkeit“ aus politischen Gründen annulliert, liefert keine Kritik – sondern Beihilfe. Dass in Rumänien ein Mann kandidieren wollte, der laut Verfassungsschutz eine „faschistische Organisation“ gründen wollte, scheint in De Masis Welt keine Rolle zu spielen. Stattdessen schwadroniert er über TikTok-Kampagnen liberaler Parteien und darüber,

„dass es viele Parteien gibt, die von starken Lobbys gepusht werden – alles ohne Annullierung der Wählbarkeit“.


Das Fazit seines Tweets liest sich wie ein Manifest aus der Pressestelle von Bardella:

„Man sollte solche Urteile daher nicht vorschnell beklatschen. Die Ideen von Le Pen und die Ursachen für die breite Unterstützung in der französischen Bevölkerung wurden nicht bezwungen!“


Das Urteil also nicht als notwendiger Ausdruck eines funktionierenden Rechtsstaats – sondern als politisch-gefährlicher Fehltritt. Der Rechtsstaat wird so zum Feind, weil er eine der ihren berührt. Und weil man sich nicht entscheiden kann, ob man den Faschismus nun bekämpfen oder verstehen will, tut man – nichts. Oder schlimmer: Man schreibt Tweets, die rechtsaußen jubelnd aufgegriffen werden.


Was bleibt, ist eine internationale Allianz autoritärer Demokratieverächter, die ihre Machtphantasien gegen ein Rechtssystem richten, das sie bestenfalls tolerieren – und schlimmstenfalls zerschlagen wollen. Und wer in diesem Chor als linker Intellektueller einstimmt, mag zwar keine Uniform tragen – aber er verhilft ihr zum Resonanzboden.

 


 
 
 

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