In Deutschland wird über Pflichtdienste debattiert – als wäre der Zwang zum Kriegsdienst ein Sicherheitskonzept.
- kpeterl
- 20. Apr.
- 2 Min. Lesezeit
TL;DR: In Deutschland wird über Pflichtdienste debattiert – als sei Zwang zum Kriegsdienst ein Sicherheitskonzept. „Leichter Zwang“ heißt es nun. Wer nicht rechtzeitig verweigert, marschiert am Ende mit. Noch ist Widerstand möglich.

Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD), applaudiert einem Vorschlag der bayerischen Grünen für einen sogenannten „Freiheitsdienst“ – was in Wahrheit nichts anderes ist als ein Dienstzwang mit PR-Schleife. Sechs Monate sollen es sein, für alle, irgendwann zwischen 18 und 67. Bei der Bundeswehr, im Bevölkerungsschutz, bei der Feuerwehr – oder wenigstens irgendwo, wo es nach Pflicht riecht und Disziplin verspricht.
„Sehr, sehr gut“ findet Högl das. Wenn zwei „sehr“ fallen, ist die politische Katastrophe meist nicht weit. Man wolle, so sagt sie, dass alle Menschen „etwas für die Gesellschaft tun“. In einer Gesellschaft, in der Schulen verfallen, Pflegekräfte ausgebrannt sind und das Ehrenamt am Limit arbeitet, ist das freilich nicht falsch – nur das Ziel ist nicht Hilfe, sondern Formung. Der auf Linie gebrachte Mensch, abrufbar, notfalls bewaffnet.
Der Zwang wird dabei geschickt verpackt: ein bisschen Pflicht, ein bisschen Freiwilligkeit – ein „leichter Zwang“, wie Högl es nennt, als wäre das das Rezept für eine halbdiktatorische Diät. Die Methode: Alle jungen Menschen anschreiben, ihre Bereitschaft abfragen. Antwortpflicht für Männer, Freiwilligkeit für Frauen. Denn das Grundgesetz – dieser störende Text von gestern – kennt nur bei Männern die Dienstpflicht. Högl findet das „nicht mehr zeitgemäß“, was übersetzt heißt: Wir bräuchten ein Grundgesetz, das besser zu den neuen Unfreiheiten passt.
Dass sich die SPD offiziell für Freiwilligkeit ausspricht, wirkt wie ein Anachronismus aus besseren Tagen. Währenddessen verlangt die Union die Reaktivierung der 2011 ausgesetzten Wehrpflicht – als reichte eine Rückblende auf den Kalten Krieg, um die sicherheitspolitische Lage des 21. Jahrhunderts zu erklären.
Wer sich dem entziehen will, sollte jetzt handeln – bevor der nächste Schub an Zwangslogik Gesetzeskraft bekommt. Der Kriegsdienst kann verweigert werden, das Recht darauf gilt jetzt – auch in Friedenszeiten. Besonders wichtig für jene, die bereits gemustert wurden, denn nur wer gemustert wurde, darf auch verweigern. Alle anderen sollten es tunlichst vermeiden, überhaupt auf dem Radar der Behörden zu erscheinen.
Informationen und Beratung bietet verweigern.info – betrieben von der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), der ältesten pazifistischen Organisation des Landes. Eine Institution, die es heute dringender braucht denn je, wenn staatliche Militarisierung wieder als Normalität verkauft wird.
Denn was hier geschieht, ist keine gesellschaftliche Debatte, sondern ein Marschbefehl mit Umfragecharakter. Wer jetzt nicht widerspricht, stimmt zu – und findet sich am Ende vielleicht im Tarnanzug wieder, auf einem Übungsplatz, der auf den Ernstfall vorbereitet, den niemand verhindern wollte.
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