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Jeder Tag ist für Frauen ein Kampftag

kpeterl

Aktualisiert: 9. März

TL;DR: Frauen kämpfen weltweit – nicht nur am 8. März, sondern jeden Tag, 365 Tage im Jahr,jede Stunde des Tages. Für Rechte, für Freiheit, gegen Gewalt. Wer nicht schweigt, wird verfolgt, verhaftet, gefoltert. Wer relativiert, macht sich mitschuldig. Schweigen ist keine Option.


 

Über Frauen, die kämpfen müssen, weil sie Frauen sind

 

Frauenrechte? Ach, die gibt’s doch längst, nicht wahr? Schließlich dürfen sie Auto fahren, arbeiten, wählen. Der Fortschritt hat gesiegt. Wer noch jammert, ist wohl nur unzufrieden mit sich selbst. Doch die Realität widerspricht dieser bequemen Illusion mit unerbittlicher Deutlichkeit. Frauen auf der ganzen Welt kämpfen – nicht nur am 8. März, sondern jeden einzelnen Tag, jede einzelne Stunde, oft mit nichts anderem als ihrem bloßen Leben gegen ein System, das sie erniedrigt, verfolgt, vergewaltigt, foltert und tötet. Wer es wagt, den aufrechten Gang zu üben, wird gebrochen. Wer nicht schweigt, wird zum Feind erklärt. Und wer Pech hat, landet in einem Massengrab, anonym, vergessen.

 

Menschenrechtsaktivistin sein – ein Todesurteil auf Raten

 

Es gibt Berufe, die für Männer gefährlich sind, für Frauen tödlich. Journalistinnen, Anwältinnen, Aktivistinnen, Politikerinnen – sie sind doppelt bedroht: als Störenfriede und als Frauen. Wer als Mann das Regime kritisiert, landet im Gefängnis; wer als Frau dasselbe tut, bekommt dazu noch sexualisierte Gewalt, psychische Folter, oft beides. Manchmal ist es nur eine Drohung, manchmal wird sie wahr. Zensur ist längst nicht mehr nur ein roter Stift, sondern ein gefesselter Körper, ein geschändeter Körper, ein toter Körper.

 

Man kann diese Realität googeln. Man kann Namen eintippen: Sandra Muhoza, verurteilt zu 21 Monaten Haft, weil sie in Burundi journalistische Arbeit machte. Julia Chuñil, indigene Mapuche-Aktivistin, verschwunden, weil sie sich gegen Landraub wehrte. Sultana Khaya, marokkanische Frauenrechtlerin, von Sicherheitskräften vergewaltigt und unter Hausarrest gestellt. Zhang Zhan, Journalistin in China, vier Jahre Haft für die Dokumentation der Pandemie – in der Zelle gefoltert. Aleksandra Skochilenko, russische Künstlerin, die es wagte, in einem Supermarkt Preisschilder gegen Anti-Kriegs-Botschaften auszutauschen – sieben Jahre Haft für das absurde Verbrechen, die Wahrheit gesagt zu haben. Die Liste ist lang, ihr gemeinsames Verbrechen: nicht geschwiegen zu haben.

 

Eine Frau sein – das genügt als Todesurteil

 

Man muss nicht einmal Aktivistin sein, um gehasst zu werden. Es reicht, eine Frau zu sein. Und so wurden am 7. Oktober 23 in Israel Frauen nicht nur ermordet, sondern entführt, vergewaltigt, als Beute verschleppt. Manche von ihnen sind heute immer noch nicht zurückgekehrt, weil ihre Körper als politisches Faustpfand missbraucht werden. Judy Weinstein-Haggai, 70, entführt, ermordet, ihr Leichnam in Gaza festgehalten wie ein perverses Souvenir. Ofra Keidar, 70, gleiches Schicksal. Inbar Haiman, 27, von einer Rave-Party verschleppt, ermordet.

 

Aber was passiert, wenn der Horror nicht ins richtige ideologische Raster passt? Dann wird er geleugnet. Dann werden Zeugenaussagen angezweifelt, erdrückende Beweise kleingeredet, Überlebende verhöhnt. Dann heißt es plötzlich: „Das ist Propaganda.“ Die Wahrheit: Die systematischen Vergewaltigungen durch die Hamas waren kein Zufall, keine „Nebenerscheinung des Krieges“, sondern eine Waffe. Eine Waffe, die genau dafür entwickelt wurde, um Frauen zu brechen, ihre Körper zum Schlachtfeld zu machen.

 

Und trotzdem gibt es eine ganze Armada an selbsternannten Menschenrechtsaktivist*innen, auch Linken, die sich mit Eifer darauf spezialisiert haben, diese Gewalt zu relativieren, sie umzudeuten, sie unsichtbar zu machen – solange sie nur gegen die „richtige“ Gruppe verübt wird.

 

 

Denn was in Israel durch die Hamas geschah, passiert überall. In der Demokratischen Republik Kongo, im Sudan, in der Ukraine – systematische Vergewaltigungen, Massenvergewaltigungen, Frauen als Kriegsbeute. Es passiert in Ländern, in denen bewaffnete Milizen wüten, in denen Regierungen Frauenhass als politisches Programm umsetzen. Es passiert dort, wo Männer mit Gewehren entscheiden, dass weibliche Körper nichts anderes sind als Spielfiguren in einem abartigen Machtspiel.

 

Die Taliban: Ein Rollback in die Finsternis

 

Während Frauen im Westen Opfer eines schleichenden Rollbacks werden – konservative Gegenbewegungen, antifeministische Agitation, eine nostalgische Sehnsucht nach dem „alten Geschlechterverhältnis“ –, erleben Frauen in Afghanistan ein völliges Zurückdrehen des Rads der Geschichte. Die Taliban entrechten, unterdrücken, misshandeln sie. Sie löschen afghanische Frauen aus dem öffentlichen, sozialen und politischen Leben. Sie bedrohen, verhaften, misshandeln und töten Frauen, die sich zuvor für Frauen- und Menschenrechte engagiert hatten.

 

Frauen in Afghanistan leben heute in einem einzigen, gigantischen Gefängnis. Sie verschwinden hinter Burkas, dürfen nicht sprechen, nicht zum Arzt gehen, müssen Fenster meiden. Kein Leben, keine Rechte – nur Dunkelheit. Die Taliban treiben ihren Hass auf Frauen ins Extrem. Ihre Zukunft? Noch dunkler. Ich schrieb darüber ausführlicher im Blog Von Tunis nach Teheran unter dem Titel "Was Taliban antreibt: Hass auf Frauen".

 

Die Justiz als Henkerin – Frauenmorde unter staatlichem Siegel

 

Zur Realität des Lebens von Frauen gehört auch, dass sowohl im Iran als auch in Saudi-Arabien die Zahl der Exekutionen zunimmt. Besonders betroffen sind Frauen, die durch patriarchale Justizsysteme und eingeschränkte Rechte entrechtet wurden. In beiden Ländern wird der Galgen zur ultimativen Machtdemonstration gegen jene, die sich nicht in das vorgegebene Raster fügen. Einige Fallbeispiele dazu habe ich ebenfalls im Blog Von Tunis nach Teheran unter dem Titel "Der dramatische Anstieg der Hinrichtungen von Frauen im Iran und in Saudi-Arabien" dargestellt.

 

Und dann gibt es jene Frauen, die nicht nur Opfer sein wollen. Die kämpfen. Die sich gegen Gewalt, Unterdrückung, Femizide wehren. Die nicht bereit sind, hinzunehmen, dass sie in einem System leben, das sie tot sehen will. Im Iran werden sie dafür gehängt. In Afghanistan weggesperrt. In Mexiko gefoltert, vergewaltigt, bis sie „gestehen“. Ihr Verbrechen? Ihr bloßes Frausein – verbunden mit dem unfassbaren Mut, sich nicht zu fügen.

 

All das lässt sich mühelos recherchieren. Fakten gibt es genug. Was fehlt, ist der Wille, hinzusehen. Aber wer glaubt, dass das Wegsehen ihn unschuldig macht, irrt. Wer schweigt, hilft den Tätern. Wer relativiert, macht sich mitschuldig. Und wer gar noch leugnet, ist nicht mehr nur Mitläufer, sondern schon Teil des Problems.

 

Frauenrechte sind Menschenrechte. Wer daran noch zweifelt, hat sich längst entschieden – gegen die Frauen.



 
 
 

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