TL;DR: Macht Frieden!“ trommelt zum Querfront-Marsch in München: Putin-Fans, NATO-Hasser & Verschwörungsfreunde fordern „Frieden“ – aber nur für Russland. Demokratisch? Nein. Überparteilich? Nur wenn man AfD, BSW & Querdenker als breite Mitte sieht.

Es gibt Einladungen, die man höflich ablehnen sollte. Zum Beispiel jene, die einem ein „überparteiliches Friedensbündnis“ in die Hand drückt, dessen Personal sich liest wie das Gästebuch einer Verschwörungsmesse.
In München ruft das Bündnis „Macht Frieden!“ zur großen Demonstration gegen die sogenannte „NATO-Kriegsratssitzung“ – besser bekannt als Münchner Sicherheitskonferenz. Gegen „Kriegstüchtigkeit“, „US-gelenkte Aggressionen“ und natürlich gegen „die Eliten“, die – man ahnt es – wieder im Hintergrund die Fäden ziehen. Wer genau diese Eliten sind? Lieber nicht so konkret werden, sonst fragt noch jemand nach.
Wenn sich in München ein „überparteiliches Friedensbündnis“ versammelt, ist das in etwa so glaubwürdig wie ein „überparteilicher Klimawandelkritikerkongress“ von AfD und ExxonMobil. Das Bündnis „Macht Frieden!“ lädt zum großen Friedensfest – mit dabei: der Querfront-Hofstaat aus Putin-Fans, NATO-Hassern und Leuten, die „US-Eliten“ sagen, aber etwas anderes meinen.
Die Gästeliste liest sich wie ein „Who’s Who“ des intellektuellen Offenbarungseids. Ulrike Guérot, einst Professorin, jetzt Sprachrohr der russischen Außenpolitik, beklagt das „Recht auf Frieden“ – natürlich für Russland, nicht für die Ukraine. Dieter Dehm, der abgewirtschaftete Barde der alten Querfront, dem keine antisemitische Anspielung zu weit ist, solange sie als „Kapitalismuskritik“ daherkommt. Die Nähe zu Putin? Reiner Zufall. Die Feindschaft zu den USA? Staatsräson. Die Sympathie für Verschwörungstheorien? Ein bisschen Spaß muss sein.
Und dann noch Friedrich Pürner, Impfgegner, jetzt BSW-Europa-Abgeordneter mit dem missionarischen Eifer eines Mannes, der glaubt, die Welt müsse endlich seine Wahrheit erkennen. Die Wahrheit lautet: Waffenlieferungen sind schlecht, Diplomatie ist gut – außer natürlich, wenn Diplomatie bedeutet, sich mit der Ukraine zu solidarisieren. Da muss man differenzieren, also aufhören, Fragen zu stellen.
Und dann, als Spezialgast für den gehobenen verschwörungsideologischen Geschmack: Mona Aranea, BSW-Mitarbeiterin, DieBasis-Aktivistin und Telegram-Influencerin der besseren Sorte – die Sorte, die zwischen antisemitischen Codes und Querfront-Populismus nicht nur oszilliert, sondern sich darin häuslich eingerichtet hat. Wer auf Telegram die Grünen „Kinderfänger“ nennt, bedient nicht bloß einen politischen Scherz, sondern greift tief in die Kiste der Ritualmordlegenden, die schon das Mittelalter und die NS-Propaganda bereicherten. Wer von der „neuen rechten Krake“ faselt, weiß vielleicht nicht einmal, dass dieses Bild lange vor der Weltverschwörung von QAnon schon von Joseph Goebbels in Umlauf gebracht wurde. Und wenn sie von „New World Order“ schwadroniert, dann so, dass selbst Servus TV noch anerkennend nickt.
Die Münchner Sicherheitskonferenz wird zur „Kriegskonferenz“ erklärt, die NATO zum ewigen Feind, die Ukraine zum Kollateralschaden. Frieden mit Russland! Diplomatie statt Waffen! Keine Raketen in Deutschland! So klingen Menschen, die sich im Ernstfall lieber mit Kreide um den eigenen Schatten legen, anstatt über reale Machtverhältnisse nachzudenken.
Und natürlich, wie immer, der Schwenk zur „kleinen globalen Elite“. Wer damit gemeint ist? Keine Namen, bitte! Die Leute sollen ja selbst drauf kommen.
Die Veranstalter betonen, dass sie „überparteilich“ sind. Was stimmt, wenn man „parteienübergreifende Einheitsfront von Reichsbürgern, Impfgegnern und Russlandfreunden“ als Definition von Überparteilichkeit akzeptiert. Sie betonen, dass „Demokratie keine Kontaktschuld kennt“. Wohl wahr. Die Demokratie nicht. Der gesunde Menschenverstand aber schon.
Was bleibt, ist eine „Friedensbewegung“, die nicht gegen Krieg demonstriert, sondern nur gegen diesen Krieg. Die nicht gegen Aggression protestiert, sondern gegen die Unterstützung derer, die sich verteidigen. Die „Nein zum Krieg“ ruft, aber nur, wenn das „Nein“ an die Adresse Kiews, Berlins oder Washingtons geht. „Ja zur Diplomatie“, aber nur dann, wenn „Diplomatie“ bedeutet, der Ukraine ihre Souveränität abzusprechen und Russland seinen Einflussbereich zurückzugeben.
Frieden ist gut. Wer wäre schon dagegen? Aber dieser Frieden, der in München beworben wird, ist keiner. Es ist das Echo aus Moskaus Propagandafabrik, hübsch verpackt mit ein bisschen deutschem Wohlfühlpazifismus, geschmückt mit den Gesichtern all jener, die auf der politischen Bühne sonst nichts mehr zu melden haben. Ein Protest, der vor allem eines beweist: Die NATO ist nicht perfekt, aber solange das die einzige Opposition ist, braucht man sie mehr denn je. Das macht die NATO aber nicht zu etwas Gutem.
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