„Menschen statt Staaten“ – oder: Die letzte Zuflucht der Gesinnungsethik
- kpeterl
- vor 5 Tagen
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TL;DR: „Menschen statt Staaten“, schreibt Raul Zelik – und trifft damit unfreiwillig ins Schwarze: Wer nach Auschwitz den jüdischen Staat delegitimiert, verwechselt Universalismus mit Geschichtsvergessenheit und nennt das dann auch noch links.

Herr Zelik, der aus dem Elfenbeinturm des akademischen Antikolonialismus heraus die Welt neu sortieren möchte, schlägt vor, nicht Staaten, sondern Menschen zu verteidigen. Was rührend klingt wie ein Bekenntnis zur Menschlichkeit, ist in Wahrheit die alte linke Unart, aus der Geschichte eine moralische Fußnote zu machen – und dabei über jene hinwegzusehen, deren Existenz nicht auf universelle Wunschträume, sondern auf sehr konkrete Pogrome reagiert.
Dass Israel, nach Auschwitz nicht etwa gegründet, sondern notwendig geworden ist, stört den Theoretiker des „postnationalen Konföderalismus“ nicht weiter. Stattdessen rückt er Zionismus und Hamas in ein ideologisches Äquidistanzverhältnis, als wären Siedlungspolitik und Massenmord religiöser Fanatiker bloß zwei Seiten derselben Medaille – was, nebenbei bemerkt, die erste Lektion im Kurs Vergleichende Unverschämtheit sein dürfte.
Doch Zelik meint es ernst mit seinem Internationalismus. So ernst, dass er das Recht der Juden auf Selbstverteidigung für einen „religiös motivierten Ethnonationalismus“ hält, während er „From the River to the Sea“ als Emanzipationsformel lobpreist – eine Parole, die in Tel Aviv niemand ohne Fluchtplan skandieren würde. Dass er dabei die antisemitischen Implikationen nicht sieht, will ich ihm nicht unterstellen – schlimmer wäre es, er sieht sie und nimmt sie billigend in Kauf.
Der Clou seiner Argumentation besteht darin, Israels Staatsideologie nicht nur als falsch, sondern als Ursache rassistischer Verbrechen zu benennen – als wäre der Zionismus schuld daran, dass die Welt seit Jahrhunderten daran scheitert, den Juden ein Leben zu garantieren, das nicht vom nächsten Pogrom beendet wird. Eine analytische Leistung auf dem Niveau jener, die 1942 im Völkischen Beobachter vom „zionistischen Weltkomplott“ raunten – nur eben mit Awareness-Sprech.
Was bleibt, ist ein Satz wie aus der Textbausteinkiste des moralisch gutgemeinten Nihilismus: Nicht die Befreiung eines Landes, sondern der Menschen sei das Ziel. Doch wenn Menschen ohne Staat auskommen sollen, frage ich zurück: Welcher Gazastreifen genügt, um jüdische Gräber zu füllen, bevor auch der letzte versteht, dass das „Existenzrecht Israels“ nicht Phrase, sondern zivilisatorischer Notwehrakt ist?
Wer Menschenrechte gegen den Staat Israel verteidigen will, verteidigt, wie Zelik, bald nur noch das Recht, gegen Juden zu sein – und nennt das dann links.
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