RL;DR: Musk träumt von Freiheit. Unter Freiheit versteht er: Sein Netzwerk, seine Regeln, sein Narrativ. Dugin nickt zustimmend: Der Westen muss fallen. Musk liefert die Plattform, Dugin das Narrativ. Und was bleibt? Eine Welt ohne Demokratie und Widerspruch.
Von der Freiheit des Wortes träumen sie, die Herren Musk und Dugin. Doch mit Freiheit meinen sie nicht, dass alle sprechen dürfen – sondern dass sie selbst ungestört sprechen dürfen. Am liebsten über das Ende der Demokratie. Denn die Demokratie ist ihnen ein Dorn im Auge. Sie stört. Sie bremst. Sie verlangt Verantwortung. Aber Musk hat keine Zeit für Verantwortung, und Dugin schon gar nicht. Sie beide lieben eine andere Welt: eine, in der sie das Sagen haben.
Die Allianz der Unzufriedenen
Alexander Dugin und Elon Musk – zwei Männer, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Der eine Philosoph und Ideologe aus Russland, der andere Tech-Milliardär aus den USA. Der eine träumt vom Ende der liberalen Weltordnung, der andere kauft Kommunikationsplattformen, um sie nach seinen Vorstellungen umzubauen. Was sie eint? Die Abneigung gegen alles, was im Westen als Fortschritt gilt: Demokratie, Pluralismus, Menschenrechte.
Am 6. Januar twitterte Dugin:
"How dare them! Trump and his followers against global network of totalitarian globalists, wokeists - Macron, Starmer, Trudeau, Scholtz, Soros, Schwab, Obama, Harris, Hillary, Pelosi, Biden. The world should make a choice. Russian choice is obvious."(„Wie können sie es wagen! Trump und seine Anhänger gegen das globale Netzwerk totalitärer Globalisten und Wokeisten – Macron, Starmer, Trudeau, Scholz, Soros, Schwab, Obama, Harris, Hillary, Pelosi, Biden. Die Welt muss sich entscheiden. Russlands Wahl ist offensichtlich.“)
Hier zeigt sich Dugins Weltsicht: Der Westen sei von einer korrupten Elite unterwandert, die es zu stürzen gelte. Es ist eine Rhetorik, die bei rechten Bewegungen weltweit Anklang findet.
Nur einen Tag später schrieb er:
"DAY ONE will come!"(„Tag Eins wird kommen!“)
Für Dugin symbolisiert der 20. Januar den Beginn eines neuen Zeitalters, in dem die „Globalisten“ ihre letzte Schlacht verloren haben. Seine Tweets richten sich an ein Publikum, das an eine bevorstehende revolutionäre Wende glaubt – und Musk scheint Teil dieser Vision zu sein.
Von Dugin gesegnet, von Musk geadelt
Im Januar 2025 war es soweit: Musk twitterte die fünf Worte, die durch Deutschland hallten wie der erste Hammerschlag auf den Sarg der Vernunft:
„Only AfD can save Germany.“(„Nur die AfD kann Deutschland retten.“)
Keine Überraschung für diejenigen, die Musks jüngste Entwicklungen beobachtet haben. Kurz darauf folgte ein Gastbeitrag in der Welt, in dem Musk erklärte, die Darstellung der AfD als rechtsextrem sei „eindeutig falsch“. In bester Stammtisch-Manier nannte er Olaf Scholz einen „Trottel“ und Frank-Walter Steinmeier einen „antidemokratischen Tyrannen“.
Alexander Dugin dürfte dabei nicht nur zustimmend genickt haben, denn er sekundierte Musk mit den Worten:
"First steps: Germany - AfD urgently to power. UK - Starmer down, Farage - up. Macron - out, Le Pen in."(„Erste Schritte: Deutschland – AfD dringend an die Macht. Großbritannien – Starmer weg, Farage nach oben. Macron – raus, Le Pen rein.“)
Was kein Wunder ist. Schließlich pflegt Dugin schon lange Kontakte zur AfD.
Alexander Gauland traf sich 2015 mit Dugin in St. Petersburg. Marcus Frohnmaier und andere AfD-Kader besuchten russische Konferenzen, die von Dugin organisiert wurden. „Mein spiritueller Sohn“, nannte Dugin einst Manuel Ochsenreiter, einen engen Mitarbeiter der AfD.
Was beide eint: der Wunsch, die westlichen Demokratien zu stürzen – und dabei auf die Kräfte der Reaktion zu setzen.
Technologie als Waffe der Reaktion
Das Internet war einst ein Symbol der Freiheit. Heute ist es eine Waffe. Plattformen wie X sind keine neutralen Kommunikationsräume mehr, sondern digitale Waffenkammern der Reaktion.
Musk hat X zu genau dem gemacht: ein Ort, an dem rechte Netzwerke florieren, an dem Verschwörungstheorien ungefiltert verbreitet werden. Der „Great Reset“, die „Lügenpresse“, die „woke Diktatur“ – alles bekommt seinen Platz. Und wer widerspricht, wird als Teil der großen Verschwörung diffamiert.
Am 6. Januar lobte Dugin Musks Engagement in der technologischen Ausrichtung von X:
"To paint the family without homosexual connotations was very difficult even for grok. Maybe core of grok was elaborated before Elon has joined Republican Party."(„Eine Familie ohne homosexuelle Konnotationen darzustellen, war selbst für Grok sehr schwierig. Vielleicht wurde der Kern von Grok entwickelt, bevor Elon sich den Republikanern angeschlossen hat.“)
Hier spielt Dugin auf Musks KI-Entwicklung Grok AI an, die in X integriert ist. Es zeigt, wie Dugin technologische Fortschritte als Teil seiner ideologischen Agenda interpretiert.
Musks Grok nimmt für Dugin einen zentralen Stellenwert im Kampf gegen „Globalists and Wokists“ ein:
"Grok is wonderful. Anti-woke AI. We need now anti-woke TV channel, anti-woke search engine, anti-woke technology, anti-woke social science. We need anti-woke world."(„Grok ist wunderbar. Anti-Woke-KI. Wir brauchen jetzt einen Anti-Woke-TV-Kanal, eine Anti-Woke-Suchmaschine, eine Anti-Woke-Technologie, eine Anti-Woke-Sozialwissenschaft. Wir brauchen eine Anti-Woke-Welt.“)
Während Dugin von einer multipolaren Welt träumt, in der der Westen seine Führungsrolle verliert, liefert Musk die Infrastruktur dafür. Technologie und Ideologie – eine gefährliche Allianz, die sich gegen die Demokratie richtet.
Eine gefährliche Konvergenz
Der ideologische Gleichschritt von Musk und Dugin zeigt sich auch in der Tagespolitik. Am 7. Januar freuten sich beide über den Rücktritt ihres Feindbilds, Kanadas Premierminister Justin Trudeau.
Musk schrieb lapidar: „Good“ (Gut).Dugin ergänzte: "Trudeau is over. Finally." (Trudeau ist vorbei. Endlich.)
Dugin hat klare Vorstellungen von Trudeaus Zukunft:
"Trudeau is going to leave Canada and to flee to Kiev - the last refuge of overthrown globalists, pedophiles, terrorists, vaccinators and LGBT promoters."(„Trudeau wird Kanada verlassen und nach Kiew fliehen – dem letzten Zufluchtsort gestürzter Globalisten, Pädophiler, Terroristen, Impfpropagandisten und LGBT-Förderer.“)
Eigentlich ist die Ukraine, die für Dugin von Globalisten geschaffen wurde, auch der letzte Zufluchtsort für diese Elite:
"There will be soon no place on the earth for globalists except Ukraine. Neither in the West, nor in the East."(„Es wird bald keinen Platz mehr auf der Erde für Globalisten geben, außer in der Ukraine. Weder im Westen noch im Osten.“)
Und was bleibt von der Demokratie?
Was macht diese Verbindung so gefährlich? Sie ist kein Zufall. Musk und Dugin verfolgen dasselbe Ziel: Sie wollen die bestehenden Machtverhältnisse kippen. Der eine mit Propaganda, der andere mit Technologie.
Dugin will den Westen von außen zersetzen. Musk zersetzt ihn von innen.
Das Ergebnis? Eine Welt, in der autoritäre Narrative das Sagen haben. Eine Welt, in der das Ideal der freien Gesellschaft durch das Ideal der Stärke ersetzt wird.
Anne Applebaum schrieb einmal:
„Der neue Autoritarismus stützt sich nicht auf Panzer und Soldaten, sondern auf Netzwerke und Narrative.“
Musk liefert das Netzwerk, Dugin das Narrativ.
Bleibt die Frage: Ist Elon Musk nur ein naiver Visionär, der nicht erkennt, in welchen Kreisen er sich bewegt? Ein Mann, der „nur Fragen stellt“, während er den Boden für autoritäre Ideen bereitet?
Oder weiß er genau, was er tut?
Vielleicht ist er längst Teil einer neuen Allianz. Einer Allianz, die die Welt nach den Vorstellungen von Alexander Dugin gestalten will.
Was sicher ist: Die Demokratie steht unter Druck. Nicht von außen – sondern von innen.
Und während wir diskutieren, ob Musk ein Genie oder ein Spinner ist, bauen Männer wie Dugin und Musk an einer neuen Welt. Einer Welt, in der es keinen Platz für Widerspruch gibt.
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