TL;DR: Benjamin Netanjahu schlägt vor, die Palästinenser könnten ihren Staat doch einfach in Saudi-Arabien gründen. Warum nicht gleich weiterdenken? Vielleicht noch ein paar Discount-Gutscheine für den Umzug ins Königreich beilegen? Gratis-Flüge mit „Exodus Airlines“ – nur Handgepäck erlaubt.

Es gibt Sätze, bei denen man innehalten und sich kurz vergewissern muss, ob sie tatsächlich ausgesprochen wurden – und ob die Realität inzwischen endgültig vom Theater des Absurden geschluckt wurde. Benjamin Netanjahu schlägt vor, die Palästinenser könnten ihren Staat doch einfach in Saudi-Arabien gründen. Warum nicht gleich weiterdenken? Vielleicht noch ein paar Discount-Gutscheine für den Umzug ins Königreich beilegen? Gratis-Flüge mit „Exodus Airlines“ – nur Handgepäck erlaubt.
Wir haben schon einiges an bizarrer Geschichtsvergessenheit erlebt, doch hier hebt sich der israelische Premierminister auf eine ganz neue Stufe der Realitätsverweigerung. Die Vorstellung, ein palästinensischer Staat könne irgendwo im saudischen Niemandsland aus dem Wüstensand gestampft werden, ist nicht nur grotesk, sondern lässt in ihrer Kaltschnäuzigkeit selbst die abstrusesten Kolonialfantasien alt aussehen. Der Satz „Die Saudis haben dort viel Land“ ist die diplomatische Version von „Warum nicht gleich das nächste indigene Volk umsiedeln? Die haben doch schon Erfahrung damit.“
Noch grandioser aber ist der Versuch, dies als Friedensvision zu verkaufen. Es ist, als würde man den Lakota-Indianern anbieten, sie könnten doch eine „High-End-Freizeitfarm“ in Las Vegas betreiben – natürlich nur unter der Bedingung, dass sie für die Touristen gelegentlich eine Tanzshow aufführen. Wer weiß, vielleicht kommt Netanjahu bald noch auf die Idee, die Westbank in eine Hochsicherheits-Golfanlage zu verwandeln – Eintritt frei für Überlebende.
Hinter diesem vermeintlichen „Friedensvorschlag“ verbirgt sich nichts anderes als die alte, zynische Strategie: maximale Provokation, getarnt als Lösung. Die Botschaft an die Palästinenser ist unmissverständlich: Ihr gehört hier nicht hin. Verschwindet, wohin auch immer – Hauptsache weit weg. Die Tragik wird nur übertroffen vom Zynismus. Das Wort „Friedensprozess“ mutiert endgültig zur Farce, wenn es im selben Atemzug mit ethnischer Säuberung und massenhafter Vertreibung genannt wird.
Und während Netanjahu in den USA hofiert wird, lässt man im Weißen Haus schon Pläne schmieden, Gaza zu einer mediterranen „Riviera“ zu machen. Eine Riviera, nota bene, auf den Trümmern eines zerstörten Lebensraums, der wie ein lästiger Fleck ausradiert werden soll. Menschen werden zu „Problemen“ erklärt, die man „lösen“ muss – wie Unkraut im Garten der Mächtigen. Es ist das alte Spiel: Die Landkarte als Monopoly-Brett, die Bevölkerung als verschiebbare Spielfigur. „Entwicklungschancen“ nennen das die, die im klimatisierten Konferenzraum sitzen und sich über die nächste Sicherheitszone Gedanken machen.
Dass Saudi-Arabien, Ägypten und die Arabische Liga nicht applaudieren, sondern entsetzt protestieren, kommt für Netanjahu offenbar genauso überraschend wie die Feststellung, dass die Erde keine Scheibe ist. Doch was sind schon Fakten gegen den Größenwahn eines Mannes, der jedes noch so absurde Kapitel neu zu schreiben versucht? Der „palästinensische Staat in Saudi-Arabien“ ist nicht weniger als die groteske Wiederauflage kolonialer Verachtung – ein hochtrabendes Hirngespinst, das nicht einmal mehr als schlechter Witz durchgeht.
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