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Oskar Lafontaine verrät in der FAZ sein Rezept für Ressentiments

TL;DR: Oskar Lafontaine verrät in der FAZ sein Rezept für Ressentiments: migrationsfeindlich gewürzt, antiprogressiv und mit einem Schuss Putinversteherei. Das BSW liefert keine linke Vision, sondern ein populistisches Leichtbauprodukt – passend für AfD-Wähler.



Einst brüllte er als Löwe des Sozialismus, heute werkelt er als Küchenbauer der Ressentiments. Oskar Lafontaine, der Mann, der keine Bühne ungenutzt lässt, liefert mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) keine politische Vision, sondern ein Fertigprodukt für den rechten Rand: migrationsfeindlich gewürzt, antiprogressiv zusammengesetzt und mit einem Schuss Putinversteherei abgeschmeckt. Was als linke Alternative verkauft wird, ist in Wahrheit eine politische Einbauküche – schlicht im Design, simpel in der Umsetzung und perfekt zugeschnitten auf die Bedürfnisse eines Publikums, das einfache Antworten sucht.


Im jüngsten FAZ-Interview vom 27. Dezember 2024 (hier nachzulesen) zeigt Lafontaine, wie handwerklich geschickt er Ressentiments montiert. Statt sich mit den realen Herausforderungen der Gegenwart auseinanderzusetzen, schürt er Ängste, verteilt Schuldzuweisungen und bietet ein Menü an Halbwahrheiten, das auf den ersten Blick sättigt, aber spätestens beim Verdauen aufstößt.

 

Von der SPD zum BSW: Ein, vorgeblich roter, Opportunist

 

„Ich bin programmatisch immer in derselben Partei geblieben,“ behauptet Lafontaine im FAZ-Interview. Ein Satz, der ebenso wahr ist wie der berühmte Spruch: „Die Erde ist eine Scheibe.“ Tatsächlich hat Lafontaine mehr politische Wenden hinter sich als so mancher Schauspieler Rollenwechsel – immer dorthin, wo der Applaus am lautesten klatschte. Von der SPD zur WASG, weiter zur Linken und schließlich zum BSW – Lafontaine ist der Chamäleon-Meister der deutschen Politik.


Doch was sich nicht geändert hat, ist seine rechte Rhetorik zu Migrationsthemen. Schon 1989 warnte er vor „bettelnden Roma in deutschen Städten“. 1992 plädierte er für eine Einschränkung des Asylrechts, weil „kein Industriestaat alle politisch Verfolgten aufnehmen kann.“ 2005 wetterte er gegen „Fremdarbeiter“, die angeblich deutschen Familien die Arbeitsplätze wegnähmen. Wer hier von einer linken Linie sprechen will, sollte dringend den politischen Kompass überprüfen. Lafontaine war in diesen Fragen nie links – weder in der SPD noch in der Linken. Sein Sozialismus war immer nur die Hülle, die seinen rassistischen Populismus verkleidete.

 

Das BSW: Die politische Einbauküche

 

Im Interview beklagt Lafontaine, die Identitätspolitik würde die Gesellschaft „in angebliche Opfergruppen aufteilen.“ Dabei spiegelt er genau jene rechte Erzählung wider, die auch die AfD erfolgreich nutzt: Minderheiten werden als Spalter dämonisiert, während der „kleine Mann“ zum Opfer eines übergriffigen Fortschritts stilisiert wird. Lafontaines Feindbild ist klar: feministische Bewegungen, queere Kämpfe und antirassistische Initiativen. Sie alle, so suggeriert er, würden den Zusammenhalt der Gesellschaft gefährden. „Ich halte es für richtig, von der Gemeinschaft auszugehen,“ sagt Lafontaine – doch welche Gemeinschaft meint er? Die Antwort ist offensichtlich: eine exklusive Gemeinschaft, die Frauen, Queers und Migrant:innen marginalisiert.


Hier trifft das BSW auf die AfD. Sahra Wagenknecht hat in ihrem Buch Die Selbstgerechten ähnliche Argumente vorgetragen: ein Kampf gegen die „urbane Elite“, eine Verteufelung des Kosmopolitismus und die Konstruktion eines „kulturellen Fremden“, der angeblich die deutsche Gesellschaft bedrohe. Die AfD hat diese Erzählung perfektioniert, und das BSW liefert sie nun mit sozialem Anstrich. Doch hinter der Einbauküche lauert die gleiche nationalistische Küche wie beim rechtspopulistischen Nachbarn.

 

Außenpolitik: Antiwestliche Ressentiments

 

Lafontaines Aussagen zur Ukraine sind ein weiteres Paradebeispiel für seine Nähe zur russischen Propaganda. Die Ukraine sei „eine Oligarchie ohne wirklich demokratische Strukturen“, behauptet er, während er über die russische Aggression hinweggeht. Die Mär von den Bio-Laboren, die er ebenfalls im Interview erwähnt, stammt direkt aus dem Arsenal der Desinformation des Kremls. Was Lafontaine hier als Friedenspolitik verkauft, ist in Wahrheit ein unverhohlener Angriff auf die westliche Solidarität mit der Ukraine.


Das BSW erhebt sich auf dieser Basis zum selbsternannten Friedensapostel, doch der „Frieden“, den Lafontaine meint, ist keiner, der auf Gerechtigkeit beruht. Es ist der Frieden des Nachgebens, der Kapitulation vor russischen Großmachtsfantasien. Wer hier noch an eine echte linke Außenpolitik glaubt, der glaubt vermutlich auch, dass die Einbauküche des BSW selbst kochen kann.

 

Innenpolitik: Populismus ohne Substanz

 

Vielleicht sieht Oskar Lafontaine in sich selbst den Retter der deutschen Industrie, der sich tapfer den „verheerenden Folgen“ der Sanktionen entgegenstellt. Im FAZ-Interview positioniert er das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) als Schutzschild gegen die wirtschaftlichen Herausforderungen Deutschlands – mit simplen, aber populären Forderungen: niedrigere Energiepreise, mehr Infrastruktur, ein Rentensystem wie in Österreich. Doch hinter den Parolen fehlt jede Substanz. Wie das alles finanziert werden soll, bleibt ebenso nebulös wie die politische Linie des BSW.

 

Lafontaine will zurück zum russischen Gas, das er als „beste und günstigste Ware“ sieht. Dass diese „günstige Ware“ die Finanzierung der Zerstörung der Ukraine sichert, scheint ihn ebenso wenig zu stören wie die geopolitischen Konsequenzen eines erneuten Schulterschlusses mit Russland. Was als vermeintlich linke Wirtschaftspolitik verkauft wird, ist nichts anderes als ein Rückfall in den nationalen Weckruf: Alles fürs Volk, alles fürs deutsche Kapital.

 

Doch die Mobilisierungsaussichten des BSW sind dürftig. Denn während Lafontaine antiamerikanische Ressentiments schürt und die „verlorene Stärke“ der deutschen Industrie heraufbeschwört, hat die AfD längst die Zielgruppe besetzt, die auf solche Narrative anspringt. In einer merkwürdigen Symbiose aus vermeintlichem Sozialismus und Nationalismus bleibt das BSW stets einen Schritt hinter der AfD – nicht links, sondern einfach spät.

 

Eine Küche ohne Substanz

 

Was bleibt also von der Einbauküche, wenn die Ressentiments verkocht sind? Nichts – außer dem bitteren Nachgeschmack einer Politik, die immer nur dem Applaus nachläuft. Lafontaine mag einst als Löwe gebrüllt haben, doch heute klappert er nur noch mit leeren Töpfen. Das BSW ist keine Alternative, weder für die Linke noch für die Gesellschaft. Es ist ein Rückschritt – politisch, moralisch und intellektuell. Und wer sich in dieser Küche bedienen will, sollte sich fragen: Ist das wirklich das Menü, das wir uns für die Zukunft wünschen?


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