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Oskar und die Strippenzieher

kpeterl

TL;DR: Oskar enttarnt die Weltverschwörung!  Soros, Gates, BlackRock – alle steuern Deutschland, außer natürlich das BSW, das letzte Bollwerk gegen die dunklen Mächte. Kapitalismuskritik? Nein, nur Strippenzieher-Mythen für Telegram-Fans.


Im Wahlkampfendspurt suggeriert Oskar Lafontaine für das BSW, dass der jüdische Milliardär George Soros hinter dem plötzlichen Erfolg der Linkspartei stecke.
Im Wahlkampfendspurt suggeriert Oskar Lafontaine für das BSW, dass der jüdische Milliardär George Soros hinter dem plötzlichen Erfolg der Linkspartei stecke.

Im Wahlkampfendspurt suggeriert Oskar Lafontaine für das BSW, dass der jüdische Milliardär George Soros hinter dem plötzlichen Erfolg der Linkspartei stecke. Immer wenn man glaubt, der Tiefpunkt sei erreicht...

Eine Groteske aus dem Reich der Verschwörungen


Wieder einmal tritt er auf die Bühne: Oskar Lafontaine, der unermüdliche Enthüller dunkler Machenschaften, der letzte große Aufklärer gegen die allgegenwärtigen Fäden der Weltverschwörung. Einer, der weiß, dass sich Kapitalismuskritik am besten verkauft, wenn sie sich mit einer Prise Antisemitismus würzt – nicht direkt, nein, das wäre zu plump, aber andeutungsweise, mit dem diskreten Charme des Stammtisch-Verschwörers. Man will ja nur Fragen stellen.

 

Und diesmal? Die Linke als Marionette von George Soros, Bill Gates und Campact – weil jeder Reichweitenzuwachs einer linken Partei nur durch eine geheime Hochfinanz-Operation zu erklären ist. Die Vorstellung, dass Menschen einfach so beschließen könnten, eine Partei zu unterstützen, ist in Lafontaines Welt so absurd wie die Vorstellung, dass Revolutionäre nicht barfuß auf Kartoffelfeldern leben müssen.

 

Milliardäre überall!

 

Den Auftakt gibt die altbekannte Leier: Elon Musk als Strippenzieher der AfD, natürlich im Auftrag der US-Rüstungsindustrie – ein grotesker Plot-Twist für alle, die dachten, Musk würde mit seinen Raketen schon genug Unfug treiben. Doch halt! Merz und BlackRock! Dass Friedrich Merz einst für den Investmentgiganten tätig war, ist in dieser Erzählung selbstverständlich Beweis genug für seine völlige Unterwerfung unter Larry Fink, jenes finstere Phantom des Weltkapitalismus, das mit einer Augenbrauenbewegung ganze Kriege anzettelt.

 

Und die Grünen? Die sind auch dabei. Zwar fällt Oskar kein einzelner Milliardär ein, der als ihr Sugardaddy fungiert, aber das macht nichts, denn als „verlängerter Arm des US-Establishments“ haben sie ihren Platz in der globalen Marionetten-Show sicher. Dass diese Erzählung problemlos in russischen Staatsmedien laufen könnte? Ein Detail.

 

Das Netz des Bösen

 

Man könnte fast Mitleid haben mit dieser Welt aus dunklen Strippenziehern, unsichtbaren Netzwerken und finsteren Plänen, in der alles gelenkt wird: Die Linke? Gesteuert. Die AfD? Gesteuert. Die CDU? Gesteuert. Die Grünen? Gesteuert. Nur eine Partei bleibt aufrecht, tapfer gegen die milliardenschwere Diktatur: Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), dessen einziger Makel es ist, dass die Milliardäre leider vergessen haben, auch hier die Puppenfäden zu befestigen.

 

Und so steht die Lichtgestalt Wagenknecht in ihrer unbefleckten Reinheit für das echte Volk – das, so suggeriert Lafontaines Text ganz nebenbei, natürlich auch Migration begrenzen will. Ein kurioser Wandel für jemanden, der sein halbes politisches Leben damit verbracht hat, neoliberale Zerstörung zu kritisieren, um sich nun an dem uralten Märchen von „Sozialstaat oder offene Grenzen“ festzukrallen.

 

Das Ende der Kritik

 

Man muss es Lafontaine lassen: Er hat das Prinzip der Verschwörungstheorie perfektioniert. Die Realität ist zu komplex? Kein Problem! Einfach ein paar düstere Finanzmogule ins Spiel bringen, alles mit nebulösen Behauptungen garnieren („Fachleute vermuten…“, „Man weiß, dass…“) und am Ende eine schlichte Wahrheit präsentieren: Nur das BSW ist echt!

 

Das Tragische ist nicht einmal die billige Polemik, sondern die Tatsache, dass diese Art der Weltformel-Kritik am Ende jede echte Kapitalismuskritik zerstört. Wer nur noch glaubt, dass jeder politische Umschwung das Werk finsterer Milliardäre ist, der wird nie an die eigentlichen Mechanismen von Macht und Kapital herankommen. Doch vielleicht ist das ja genau das Ziel.

 
 
 

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