TL;DR: Trump auf ethnischer Säuberungstour: Der US-Präsident plappert in Mar-a-Lago von der Vertreibung von 1,5 Mio. Palästinensern – und Israels rechte Hardliner applaudieren. Ein Immobilienhai, der Grenzen wie Bauzäune behandelt und Diplomatie mit Abrissbirne führt.

Dass Donald Trump redet, bevor sein Gehirn nachkommt – geschenkt. Aber wenn er am Wochenende im erlauchten Kreise seiner Mar-a-Lago-Kumpanen eine ethnische Säuberung im Gazastreifen in den Raum blubbert, dann ist das eben nicht nur der übliche Trump’sche Unsinn, sondern eine Ansage, die exakt den schlimmsten Fantasien der extremen Rechten in Israel entspricht. Und während sich die zivilisierte Welt noch die Augen reibt, ob der orangefarbene Wüterich gerade einen Plan ausbrütet oder nur den Gesprächsfetzen irgendeines durchgeknallten Beraters nachplappert, jubeln ebenjene rechtsradikalen Kreise in Israel. Die Verhandlungen über einen Waffenstillstand? Zertrampelt von Trumps verbaler Dampfwalze, die auf diplomatische Feinheiten so wenig Rücksicht nimmt wie der Bulldozer, mit dem Netanjahu palästinensische Häuser schleifen lässt.
Und als wäre das alles nicht dreist genug, hat der Präsident der Vereinigten Staaten in luftiger Höhe an Bord der Air Force One nichts Besseres zu tun, als Jordanien und Ägypten – beides Länder, die sich schon oft auf US-Druck hin als Abfalleimer für die Folgen der Politik von Netanyahu missbraucht wurden – zu erklären, sie mögen sich doch bitte schön noch einmal 1,5 Millionen Palästinenser einverleiben. Womöglich hat Trump das mit einem Immobiliendeal verwechselt: Zwei Staaten zum Preis von einem, Bonuspunkte für Flächengewinn inklusive. Dass Jordanien seit 1948 Hunderttausende von palästinensischen Flüchtlingen beherbergt und Ägypten in Sachen Besatzung eigene Erfahrungen mit Israel hat, interessiert Trump genauso wenig wie das tägliche Sterben von Zivilisten im Gazastreifen.
Doch diesmal sind die Adressaten seines geostrategischen Größenwahns nicht willens, sich in sein rassistisches Monopoly-Spiel einspannen zu lassen. König Abdullah II. von Jordanien und Ägyptens Präsident Al-Sisi, keine politischen Waisenknaben und sonst nicht gerade für ihre moralische Integrität bekannt, sahen sich gezwungen, Trump öffentlich in die Parade zu fahren. "Die Vertreibung des palästinensischen Volkes ist ein Unrecht", erklärte Al-Sisi – man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen: Ausgerechnet Ägypten, das sich in der Vergangenheit nicht gerade zimperlich gegenüber den Palästinensern gezeigt hat, muss nun dem amerikanischen Präsidenten Nachhilfe in Sachen Menschenrecht geben. Und Abdullah II.? Der erklärte, es gebe keine "Alternative zur Zwei-Staaten-Lösung". Auch wenn Netanjahu und seine Bande sich mit dieser Realität schwer tun, zumindest Jordanien und Ägypten sind nicht bereit, als Abwicklungsstelle für Trumps ethnischen Säuberungstraum zu fungieren.
Währenddessen in Brüssel: Dort ringt sich der König von Jordanien zu diplomatisch verpacktem Entsetzen durch, denn anders als Trump und sein rechtsradikaler Anhang weiß man dort, dass Jordanien nicht noch einmal eine palästinensische Massenflucht auffangen kann. Trump allerdings hat keine Zeit für solche Feinheiten, denn während die Welt sich noch fragt, ob die USA ihre Auslandshilfe als Druckmittel einsetzen könnten, setzt er alles daran, den Friedensprozess weiter zu torpedieren. Dass es eine wundersame Koinzidenz gibt – dass nämlich gleichzeitig zur Gaza-Provokation US-Hilfsgelder in diversen Bereichen für 90 Tage auf Eis gelegt wurden, außer natürlich für Israel und Ägypten – ist für Washington sicher nur Zufall. Ein Schelm, wer hier strategische Berechnung unterstellt.
Aber die Tragikomödie geht weiter: Während Tausende Palästinenser an israelischen Checkpoints festsitzen, weil Netanjahu die Rückkehr in den Norden Gazas nach Strich und Faden sabotiert, überschlägt sich die extremste Rechte Israels vor Freude über Trumps Vorschlag. Die Herren Ben Gvir und Smotrich – ja, genau jene Minister, die mit faschistischen Parolen ganze Landstriche ethnisch säubern möchten – wittern Morgenluft und drängen Netanjahu, sich an Trumps Vision zu halten. Und Netanjahu? Der genießt es, sich mit den Lorbeeren der von Trump abgesegneten US-Bombenlieferungen zu schmücken, während er sich zum Thema Bevölkerungsumsiedlung in demonstratives Schweigen hüllt.
Ob Trump nun mit dieser Äußerung einer feuchten rechten Fantasie Luft gemacht hat oder tatsächlich Pläne zur Massenvertreibung im Kopf herumspuken – geschenkt. Entscheidend ist, dass er mit seiner grobschlächtigen Rhetorik genau das tut, was er immer tut: den schlimmsten Extremisten Aufwind geben und jede diplomatische Initiative im Keim ersticken. Ein "Dealmaker", wie er sich selbst so gerne nennt, ist er in etwa so sehr, wie ein Scharfschütze ein Chirurg ist – nur dass der Scharfschütze wenigstens weiß, was er tut. Trumps einziges Talent besteht darin, Öl ins Feuer zu gießen, sich dann verwundert umzudrehen und zu fragen, warum alles brennt.
Falls sich noch irgendjemand Illusionen gemacht hat, dass Trump in einer möglichen zweiten Amtszeit auch nur ansatzweise für einen ernstzunehmenden Nahost-Friedensprozess in Frage käme, ist spätestens jetzt eines klar: Der Mann hat den diplomatischen Instinkt einer Abrissbirne und die moralische Integrität eines Immobilienhais. Seine Worte werden nicht nur nachhallen – sie haben bereits Schaden angerichtet, der sich über Jahre hinweg fortpflanzen wird. Während Trump also weiter von seinen Bewunderern als "Mann des Volkes" gefeiert wird, fragen sich Millionen von Menschen im Nahen Osten, wie viele Palästinenser noch sterben müssen, bevor die Welt begreift, dass seine Politik keinen Frieden, sondern nur Elend produziert.
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