Vom Komiker zum Komplizen – oder: Wie Dieter Hallervorden lernte, den Rechten das Wort zu reden.
- kpeterl
- 21. Apr.
- 2 Min. Lesezeit
TL;DR: Vom Spötter zum Sprachrohr: Hallervorden stellt sich auf eine Bühne voller Rechter, Querfrontler und Neonazis – und nennt es Meinungsfreiheit. Früher Satire, heute Applaus von rechts. Tragik im Spätwerk eines alten Mannes.

Dieter Hallervorden, einst der Grimassenschneider des öffentlich-rechtlichen Frohsinns, hat sich ein neues Publikum gesucht – und, wie man hört, auch gefunden: jenes panoptische Panier aus Verschwörungsgläubigen, Alternativfaktischen, patriotisch Gesinnten mit Hang zu Reichskriegsflagge und Telegram-Chat. Dass Hallervorden sich der auf der von Rechtsextremen durchwirkten „Friedensprozession“ in Dresden die russische Propaganda zueigenmacht, ist weniger ein tragisches Missverständnis als vielmehr die konsequente Eskalation eines lang erkennbaren Abstiegs.
Wo vormals das „Palim, Palim“ als harmlose Kindheitserinnerung durch die Wohnstuben hallte, tönt heute das „N-Wort“ im staatsbürgerlichen Dunkelraum – wohlig aufgenommen von einem Publikum, dem jede Form von Empörung bereits als Cancel Culture gilt. Und so spricht Hallervorden, der behauptet, sich nicht vereinnahmen zu lassen, ausgerechnet dort, wo Christian Klar, ein alter Bekannter aus dem Lexikon des Rechtsterrorismus, als Nebensprecher auftritt – flankiert von einer Melange aus AfDlern, Neuen Rechten, BSW-Sympathisant*innen und jenen sächsischen Patrioten, die dem Verfassungsschutz als Neonazis durchgehen.
Wer nun von einem „Missgriff“ faselt, verkennt Systematik: Hallervorden hat längst gelernt, dass Provokation – die öffentlichkeitstaugliche Schwester der Demagogie – sich in Likes, Klicks und Einladungsschaltungen auszahlt. Und so folgt auf jedes vermeintliche Missverständnis eine Ausrede mit dem Charme eines Altherrenwitzes: Man sei „missverstanden worden“, Applaus von rechts – „nicht beabsichtigt“. Als hätte die politische Wirkung einer Handlung je mit ihrer Intention korreliert.
Ironischerweise wurde Hallervorden von Diether Dehm zugeschaltet – ein Name, der bereits klingt wie eine Fußnote aus der deutschen Linkstragödie: einst links, dann linksaußen, schließlich ganz woanders. Dehm, einst Liedermacher, heute Steigbügelhalter des Querfront-Schwofs, dichtete sich in der Pandemie die Welt zurecht – Reimwort auf „Covid“: „Profit“. Nun also Hallervorden als geistiger Sidekick.
Wer wissen will, wie sich der bürgerliche Humor mit faschistoider Volksnähe paart, muss nicht nach Budapest blicken. Dresden reicht. Dort, wo sich die „Friedensfreunde“ versammeln, die Frieden meinen und Krieg rufen, weil Russland ja „provoziert“ wurde. Hallervorden stellt sich dorthin und glaubt, es gehe um Meinungsfreiheit. Dabei geht es um Machtdemonstration – die von rechts.
Ein alter Mann auf einer neuen Bühne. Einer, der mit 89 Jahren auf den Applaus nicht verzichten will – koste es, was es wolle. Und so bleibt von Hallervorden das Bild eines Kabarettisten, der einst den Autoritäten die Zunge herausstreckte – und heute vor den falschen Autoritäten den Hofnarren gibt.
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