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Yair Golan – Der linke General

  • kpeterl
  • 24. März
  • 3 Min. Lesezeit

TL;DR: Yair Golan, Ex-General und Oppositionsführer, rettete am 7. Oktober sechs Menschen vor der Hamas. Heute kämpft er für Israel gegen Netanjahus Kriegspolitik – für Frieden, Demokratie und die Rückkehr aller Geiseln


Yair Golan beim Marsch nach Jerusalem im Februar zugunsten der israelischen Gefangenen in Gaza. Er ist bekannt für seine Heldentaten am 7. Oktober.
Yair Golan beim Marsch nach Jerusalem im Februar zugunsten der israelischen Gefangenen in Gaza. Er ist bekannt für seine Heldentaten am 7. Oktober.

 

Es war nicht der Minister für Nationale Sicherheit, der das Land verteidigte. Der suchte vermutlich nach seinem Selfie-Stick – oder nach einem Friseur mit Kippa-Rabatt. Auch nicht der Premierminister, der mehr Angst vor seiner Anklageschrift hat als vor der Hamas. Nein, es war ein pensionierter General mit einem alten Gewehr im Kofferraum und einem Kompass im Kopf: Yair Golan.

 

Er fuhr – allein – auf Nebenstraßen Richtung Süden, wich den Mördern aus, erreichte das brennende Nova-Festival und rettete sechs junge Menschen. Währenddessen: Die Regierung tagte. Und taugte nichts.

 

Golan – letzte Bastion der Vernunft


Golan sprach nicht von „Sicherheit“, er war sie. Und plötzlich war da jemand, der nicht nur reden wollte – sondern handeln konnte. Einer, der den Ernst begriffen hatte, den andere noch weglächelten.

 

„Von Anfang an wurde der Krieg nicht auf der Grundlage der Interessen des Staates Israel oder von Sicherheits- und Verteidigungserwägungen geführt. Vielmehr bestimmten die politischen und persönlichen Interessen der israelischen Führung den Kriegsverlauf.“

 

Sätze wie Hammerschläge – und leider auch Grabreden. Während Netanjahu lieber den Krieg verlängert als die Amtszeit verkürzt, blockiert er Geiselabkommen, die „mindestens dreimal unter besseren Bedingungen“ möglich gewesen wären. Warum? Weil Frieden seiner Immunität gefährlich werden könnte.

 

Der Premier, ein politischer Pyromane mit Hang zur Selbstentzündung, nennt das „mehrphasigen Deal“. In Wahrheit: mehrphasige Sabotage. Phase eins – ein paar Geiseln zurück. Phase zwei – Rückzug. Phase drei – Verantwortung. Und genau da liegt der Hase im Bunker.

 

Golan fordert das Naheliegende, das längst unvorstellbar geworden ist:Geiseln befreien. Krieg beenden. Zukunft sichern.

 

„Die Hamas ist eine Idee. Eine Ideologie. Sie existiert in den Köpfen der Menschen. Der einzige Weg, sie wirklich zu besiegen, ist die Schaffung einer alternativen Regierung.“

 

Kein Generalplan, kein Hasbara-Spin. Eine Erkenntnis. Golan, der Offizier, weiß, dass gegen Gedanken keine Drohnen fliegen. Man kann nicht auf Ideologien zielen. Aber man kann Alternativen bauen:– Geld aus Riad statt Raketen aus Rafah,– Kontrolle der Grenze statt Kontrolle der Narrative,– arabische Truppen zur Sicherung statt israelische Truppen zur Besatzung.

 

Was Golan skizziert, ist kein utopisches Märchen, sondern kalter Realismus. Eine Politik der Verantwortung – ein Wort, das im aktuellen Kabinett etwa so beliebt ist wie Gleichberechtigung im Rabbinat.

 

Demokratie oder Apartheid – entscheiden Sie selbst

 

„Die Gewalt der Siedler könnte Israel in einen gesetzlosen und damit undemokratischen Staat verwandeln […] Die derzeitige israelische Regierung fördert dieses gefährliche Phänomen sogar.“

 

So klingt einer, der hinsieht. Und benennt. Die Ultraorthodoxen wollen Sonderrechte, aber keine Staatsverantwortung. Die Religiös-Zionisten träumen vom Groß-Israel mit Gott als Baubehörde. Der Premier will weder Rückzug noch Rücktritt. Und Ben-Gvir? Posiert mit gezogener Pistole – als sei er Ahab auf der Suche nach dem Leviathan.

 

Golan bringt es auf den Punkt:

„Der wahre Kampf innerhalb Israels findet zwischen den Anhängern eines autoritären Regimes und den Verteidigern der Demokratie statt. Es ist ein Kampf zwischen den Korrupten und den Ehrlichen.“

Nicht „links gegen rechts“, sondern: Demokratie gegen Dämmerung. Staatsbürgerschaft gegen Stammesdenken. Gleichheit gegen göttliche Sondergenehmigung.

  

Und die Linke? Danke der Nachfrage.

 

Die israelische Linke? Sie diskutiert. Über sich. Über Kategorien. Über Labels. Während draußen der Staat implodiert, spielt man drinnen "Wer bin ich?" im politischen Salon. Die liberale Opposition wirkt wie ein Schülerparlament mit Angst vor dem Lehrerzimmer.

 

Golan hat es begriffen:Führung heißt nicht, in Mikrofone zu sprechen. Führung heißt, Verantwortung zu übernehmen, wenn die anderen schweigen. Sein Appell:

„Wer eine echte Lösung für die Israelis sucht, muss dafür sorgen, dass Israel ein Land bleibt, in dem die Menschen leben können und wollen.“

 

Man spürt: Hier spricht einer, der noch glaubt – nicht an die Erlösung, sondern an das Mögliche. An ein Israel, das sich selbst rettet, bevor es sich verliert.

 

Golan beansprucht den Begriff zurück – gegen die, die ihn pervertieren. Zionismus ist für ihn kein Projekt der Vertreibung, sondern der Verantwortung. Keine Mauer, sondern ein Versprechen:

„Unser Zionismus ist nicht einer der Massenvertreibung und des ewigen Krieges, sondern einer der Gleichheit und Freiheit.“

 

Man möchte es in die Wände der Knesset ritzen – bevor sie einstürzt.

 

Was bleibt?

Ein pensionierter General mit Mut.Eine Regierung mit Mauschelei.Ein Staat auf der Kippe.Und ein Volk, das entscheiden muss: Unterwerfung oder Umkehr? Paranoia oder Perspektive?

 

Vielleicht ist es Zeit, dass der letzte linke General zum ersten echten Hoffnungsträger wird.Oder wenigstens zum Anfang vom Ende der Farce.


Die Zitate im Text wurden diesen Interviews von Yair Golan mit der Israelischen Haaretz und dem US-Amerikanischen AL-Monitor entnommen.

 
 
 

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