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Die Verklärung der Opposition: Eine Kritik an Thies Gleiss’ „Die LINKE und die Neuwahlen“

TL;DR: Thies Gleiss fordert DIE LINKE auf, sich als reine Oppositionspartei neu zu positionieren, bleibt dabei jedoch in nostalgischer Symbolpolitik und realitätsferner Abgrenzung hängen. Seine Ablehnung von Bündnissen und strategischer Zusammenarbeit führt zu einer politischen Isolation, die weder gesellschaftliche Mehrheiten noch Transformation ermöglicht. Statt auf Symbolik und defensive Kritik sollte DIE LINKE auf programmatische Klarheit, konkrete Lösungen und eine verbindende Erzählung setzen. Nur so kann sie Relevanz zurückgewinnen und als progressive Kraft wirken, statt sich in der Bedeutungslosigkeit zu verlieren.

 

Von einem alten Traum zu einer neuen Sackgasse: Thies Gleiss versucht, DIE LINKE mit der Forderung nach kompromissloser Opposition aus ihrer Krise zu führen. Seine These, DIE LINKE müsse sich als „unverwechselbare sozialistische Oppositionspartei“ neu positionieren, klingt wie der Weckruf für eine Partei, die im Wachkoma liegt. Doch was Gleiss für einen radikalen Neubeginn hält, ist ein nostalgischer Rückzug in alte Gewissheiten – und eine gefährliche Flucht vor den realen Herausforderungen der Gegenwart.

 

Opposition um der Opposition willen?

 

Gleiss will DIE LINKE zu einer reinen Oppositionspartei machen, die sich von den kapitalistischen Konsensparteien abgrenzt. Diese Haltung mag heroisch klingen, sie ist aber vor allem eins: bequem. Opposition allein löst kein einziges Problem – weder die Klimakrise, noch die soziale Spaltung, noch den Vormarsch der Rechten.

Opposition ist keine Tugend an sich. Wer heute angesichts des globalen Kapitalismus nur „Nein“ schreit, ohne einen praktischen Vorschlag zu machen, bleibt nichts weiter als der Protestchor im politischen Theater. Wo bleibt Gleiss’ Strategie, wie DIE LINKE reale Mehrheiten gewinnen und Veränderungen durchsetzen kann? Opposition, die nicht in Gestaltung mündet, ist letztlich ein Alibi für politische Impotenz.

 

Kein linkes Lager? Kein Problem?

 

Gleiss verabschiedet sich von der Idee eines linken Lagers – und damit von jeder Perspektive, jemals Einfluss auf Regierungspolitik zu nehmen. Dass SPD und Grüne ihre Glaubwürdigkeit als progressive Kräfte verspielt haben, mag stimmen. Aber die Antwort darauf kann nicht die totale Isolation sein. Eine LINKE, die sich als Einsiedlerin im politischen System einrichtet, gibt jede Hoffnung auf gesellschaftliche Mehrheiten auf.

 

Ohne Bündnisse wird es keine Transformation geben. Das österreichische Beispiel der KPÖ zeigt, dass pragmatische linke Politik sowohl Opposition als auch Zusammenarbeit erfordert – immer mit klaren roten Linien. Gleiss will keine Linien ziehen, sondern sich vollständig aus dem Spielfeld zurückziehen. So überlässt er die Gestaltung der Gesellschaft den Rechten und der Mitte, die er gleichermaßen verachtet.

 

Die Mär der „unverwechselbaren“ Partei

 

Die Forderung nach Unverwechselbarkeit klingt modern, doch Gleiss verwechselt Profil mit Selbstinszenierung. Seine Vorschläge – wie die Begrenzung von Abgeordnetenbezügen – sind kaum mehr als symbolische Kosmetik. Sie mögen DIE LINKE moralisch reinwaschen, doch lösen sie die strukturellen Probleme der Partei? Natürlich nicht.

 

Eine moderne LINKE muss mehr bieten als symbolische Reinheit. Sie muss programmatische Klarheit und konkrete Lösungen liefern – von bezahlbarem Wohnen über Klimagerechtigkeit bis zu internationaler Solidarität. Stattdessen bleibt Gleiss’ Opposition im Gestern hängen, während die Zukunft nach mutigen Antworten ruft.

Basisarbeit: Der Rückzug ins Lokale

 

Gleiss’ Fokus auf Stadtteilgruppen und Gewerkschaften ist wichtig, aber unzureichend. Lokale Strukturen allein werden DIE LINKE nicht retten, wenn sie keine gesellschaftliche Vision bietet. Die Partei muss die alltäglichen Kämpfe der Menschen verbinden mit einer klaren Perspektive auf nationale und globale Probleme.

 

Wo bleibt bei Gleiss die Idee, wie DIE LINKE in zentralen Fragen wie der Klimakrise oder der Digitalisierung Gestaltungsanspruch erhebt? Basisarbeit ist notwendig, aber ohne eine größere politische Erzählung wird sie zum Selbstzweck. Ein „Kümmerkurs“ ohne Vision macht DIE LINKE zu einer NGO, nicht zu einer politischen Kraft.

 

Die Abgrenzung zur Rechten: Defensive statt Offensive

 

Zu Recht kritisiert Gleiss die rechte Gefahr durch AfD und BSW. Doch sein Beitrag bleibt defensiv. Wo ist die linke Antwort auf Migration, auf soziale Unsicherheit, auf die Angst vor dem Klimawandel? Wer der Rechten den Diskurs überlässt, darf sich nicht wundern, wenn sie die Wähler*innen mitnimmt.

 

Die LINKE muss endlich offensiv werden. Sie muss zeigen, dass soziale Sicherheit, Klimaschutz und Migration keine Gegensätze, sondern Teil einer solidarischen Zukunft sind. Ohne eine klare Erzählung, die Hoffnung statt Angst vermittelt, bleibt Gleiss’ „Opposition“ ein ängstliches Rückzugsmanöver.

 

Die Sackgasse der Opposition

 

Thies Gleiss will DIE LINKE in eine konsequente Opposition führen. Doch dieser Kurs ist keine Lösung, sondern eine Kapitulation. Eine moderne LINKE darf nicht nur dagegen sein – sie muss für etwas kämpfen. Für Klimagerechtigkeit. Für soziale Sicherheit. Für globale Solidarität. Opposition allein ist keine Strategie, sondern ein Rückzug aus der Verantwortung.

 

Gleiss’ Beitrag zeigt vor allem, wie tief die Krise der LINKEN ist. Doch die Antwort darauf darf nicht in nostalgischer Selbstvergewisserung liegen. DIE LINKE muss sich als transformatorische Kraft neu erfinden – eine Kraft, die Protest und Pragmatismus verbindet, die Hoffnung gibt, statt nur zu mahnen. Andernfalls bleibt sie, was Gleiss ihr vorschlägt: eine politische Randnotiz.


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